Stornierungskosten in Höhe des Gesamtpreises? – Wettbewerbswidrig, findet das Landgericht Dresden!

Reisefreudige und Hotelbetreiber aufgepasst: Am 18.04.2023 entschied das LG Dresden, dass eine Abwälzung des Gesamtpreises auf Kunden als Form einer Stornierungsgebühr einen AGB-Verstoß darstelle und damit wettbewerbswidrig sei (LG Dresden, Urt. v. 18.04.2023 – 5 O 960/22).

Worum ging es?

Die Beklagte ist eine Hostelbetreiberin, bei der über die Website einer Reisevermittlerin (booking.com) ein Aufenthalt gebucht werden kann. Dabei kann unter anderem ausgewählt werden zwischen den Tarifen „refundable“ und „nicht refundable“. Wählt der Kunde den Tarif „nicht refundable“ aus, so wird nach erfolgter Buchung eine mit „Stornierungsbedingungen“ überschriebene Klausel angezeigt, die lautet: „Bei Stornierung, Buchungsänderung oder Nichtanreise zahlen Sie als Gebühr einen Betrag in Höhe des Gesamtpreises“.

Was genau entschied das LG Dresden?

Das LG Dresden hielt fest, dass, falls es sich bei der genannten Klausel um eine vertragliche Regelung handle, ein Verstoß gegen AGB-Recht, genauer wegen unangemessener Benachteiligung aufgrund Unvereinbarkeit der Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), vorliege. Abgewichen werde durch die Klausel von der Rechtslage im Fall eines Beherbergungsverbots wegen Corona-Schutzmaßnahmen, da die dadurch eingeräumte Vertragsanpassung in erster Linie durch zeitliche Verschiebung der Leistung vorzunehmen sei. Zudem sei es mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar, dass der Gesamtpreis auch dann geschuldet sein kann, wenn die Leistung der Beklagten aus Gründen nicht erbracht wird, die in ihrer eigenen Sphäre liegen. Demnach könne die Beklagte aufgrund AGB-Verstoßes auf Unterlassung (§ 1 UKlaG) in Anspruch genommen werden.

Handle es sich bei der vorstehenden Klausel um keine vertragliche Regelung, sondern gäbe sie, entsprechend dem Vorbringen der Beklagten, lediglich eine vorangegangene Einigung zutreffend wieder, so wäre die Klausel auch schon vor Vertragsschluss verwendet worden. Dieser vorangegangene Vertragsschluss sei aber keine Individualabrede, da die Stornierungsbedingungen keiner Verhandlung zugänglich seien. Demnach sei der nachträgliche Hinweis auf die Geltung einer unwirksamen Klausel zusätzlich unzutreffend und damit irreführend, was eine Zuwiderhandlung gegen verbraucherschützende Vorschriften darstelle. Aus diesem Grund könne die Beklagte damit auch nach § 2 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Zuletzt stellte das Gericht fest, dass die Klausel der Beklagten auch dann zugerechnet werden könne, wenn sie von der Reisevermittlerin generiert wurde, zumal die Beklagte in dem vom Gericht zu entscheidenden Verfahren vorgebracht hatte, die Klausel gäbe den gewollten Vertragsinhalt zutreffend wieder.

Bildnachweis: sanjeev kumar misra

Autoren

Chiara Panfili, LL.M.

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