Kommunikation & Recht (K&R), 2023, Heft 10 (Tagungsband 21. @kit-Kongress): „Vom Kündigungsbutton zum Widerrufsbutton (?)“

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Kurz und Knapp

Fehlende oder erschwerte Kündigungsmöglichkeiten auf Webseiten sollen mit der Einführung des Kündigungsbuttons der Vergangenheit angehören. Die Umsetzung der neuen Vorschrift stellt Unternehmer jedoch vor erhebliche praktische Herausforderungen. Gleichzeitig plant die EU einen Widerrufsbutton. Kann der deutsche Kündigungsbutton dafür ein Vorbild sein?

I. Einleitung

Mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge1 hat der deutsche Gesetzgeber zum 1. 7. 2022 in § 312k BGB den sogenannten Kündigungsbutton eingeführt und damit das Verbraucherschutzrecht – eine primär europarechtlich geprägte Domäne – auf nationaler Ebene weiterentwickelt.2 Mit dem Kündigungsbutton soll die Vertragskündigung im elektronischen Geschäftsverkehr genauso einfach und unkompliziert möglich sein wie der Abschluss des Vertrags – mit nur wenigen Klicks.3

Vor Inkrafttreten der Regelung trafen Unternehmer gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB lediglich Informationspflichten über die Laufzeit des Vertrags und die Bedingungen der Kündigung. Hinsichtlich der Gestaltung der Kündigungsmodalitäten machte der Gesetzgeber ihnen keine Vorgaben, was zur Folge hatte, dass Kündigungen über Webseiten zum Teil entweder gar nicht möglich oder durch komplizierte Gestaltungen zumindest erheblich erschwert wurden.4 Das sollte sich mit der Einführung des Kündigungsbuttons grundlegend ändern. Denn der Gesetzgeber hat nunmehr Vorgaben zu den Modalitäten der Kündigung gemacht, mit dem Ziel, den Kündigungsvorgang auf Webseiten zu vereinfachen. Allerdings ist die Norm an vielen Stellen noch unausgereift, was die Unternehmer hinsichtlich der Umsetzung der Vorgaben vor erhebliche praktische Herausforderungen stellt.5 Dies gilt einmal mehr, wenn Unternehmer Vertragsabschlüsse nicht nur über von ihnen betriebene Webseiten ermöglichen, sondern auch über von Dritten betriebene.

II. Der Kündigungsbutton

1. Der Anwendungsbereich des Kündigungsbuttons

Unternehmer sind gemäß § 312k Abs. 1 BGB verpflichtet, die Modalitäten der Kündigung entsprechend der Vorgaben des § 312k Abs. 2 BGB zu gestalten, wenn sie Verbrauchern über eine Webseite ermöglichen, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist und sie [die Unternehmer] zu einer entgeltlichen Leistung verpflichten. Die Unternehmer sind also nicht nur dann verpflichtet, einen Kündigungsbutton zu implementieren, wenn sie den Vertragsschluss über von ihnen selbst betriebene Webseiten ermöglichen, sondern auch dann, wenn der Vertragsschluss über von Dritten betriebene Webseiten ermöglicht wird.6 Darunter fallen klassischerweise Vermittlungsplattformen. Je nach Ausgestaltung können Verbraucher den gewünschten Vertrag entweder direkt auf der Vermittlungsplattform abschließen oder aber nach erfolgter Weiterleitung auf der Webseite des jeweiligen Unternehmers. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung sind die Plattformbetreiber jedoch in der Regel nicht Vertragspartner des Verbrauchers in Bezug auf den vermittelten Vertrag und unterfallen daher nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der Norm. Bedienen sich Unternehmer für den Vertragsschluss solcher Vermittlungsplattformen, müssen sie entsprechend sicherstellen, dass die Plattformbetreiber für sie einen Kündigungsbutton vorhalten, was ausweislich der Gesetzesbegründung durch eine entsprechende vertragliche Verpflichtung erfolgen soll.7

Was aber gilt, wenn die Vertragsbeziehung zwischen Vermittlungsplattform und Unternehmer mittlerweile beendet ist und der Unternehmer zwar noch den Abschluss von Verträgen über seine eigene Webseite, aber nicht mehr über die Webseite der Vermittlungsplattform ermöglicht? Muss er die Vermittlungsplattform verpflichten, für ihn einen Kündigungsbutton zu implementieren, nur weil er einst den Abschluss von Verträgen auf dieser Plattform ermöglicht hat?

Auf den ersten Blick scheint dies eine Frage der zeitlichen Anwendbarkeit der Norm zu sein. Diese folgt aus Art. 229 § 60 S. 3 EGBGB, wonach Unternehmer die Pflichten aus § 312k BGB auch dann treffen, wenn Schuldverhältnisse vor Inkrafttreten der Norm, also vor dem 1. 7. 2022, entstanden sind. Der Bezugspunkt für den zeitlichen Anwendungsbereich der Norm ist also die Ausübung des Kündigungsrechts. Damit erfasst die Norm auch solche Schuldverhältnisse, die einst über die Vermittlungsplattform vermittelt beziehungsweise abgeschlossen und zum 1. 7. 2022 noch nicht gekündigt wurden. Bei genauerer Betrachtung gibt der zeitliche Anwendungsbereich allerdings keinen Aufschluss darüber, ob die Unternehmer auch dann verpflichtet sind, einen Kündigungsbutton auf Vermittlungsplattformen vorzuhalten, wenn die Vertragsbeziehung zur Plattform mittlerweile beendet ist und sie keinen Vertragsabschluss mehr über die Plattform ermöglichen.

Dies ist wohl eher eine Frage der sachlichen Anwendbarkeit der Norm. Der Wortlaut der Norm „(…) wird Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht (…)“ lässt aufgrund der vom Gesetzgeber gewählten Zeitform des Präsens darauf schließen, dass es darauf ankommt, dass die Unternehmer aktuell noch Vertragsabschlüsse über die Vermittlungsplattform ermöglichen. Bei diesem Verständnis träfe die Unternehmer keine Pflicht, auf Vermittlungsplattformen einen Kündigungsbutton vorzuhalten, nur weil sie in der Vergangenheit auf der Vermittlungsplattform den Abschluss von Verträgen ermöglicht haben. Stellt man allerdings auf den Sinn und Zweck der Norm – erhöhter Verbraucherschutz in Bezug auf die Kündigungsmöglichkeiten auf Webseiten – ab, ergibt sich ein anderes Bild. Für den schutzwürdigen Verbraucher ist in der Regel nicht ersichtlich, ob der Unternehmer seine Vertragsbeziehung zu der Vermittlungsplattform mittlerweile beendet hat. Der Verbraucher wird also weiterhin Informationen und Möglichkeiten zur Kündigung auf der Webseite erwarten, über die er zum Vertragsschluss gekommen ist. Diese Problematik wurde in der Praxis viel diskutiert, da die teleologische Auslegung de facto zu einem nachvertraglichen Kontrahierungszwang mit den Vermittlungsplattformen führt, was vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein dürfte. Der Gesetzgeber dürfte diese Problematik schlichtweg übersehen haben, was auch an der rasanten Entstehungsgeschichte der Norm liegen mag.8

In der Praxis führte dies dazu, dass viele Unternehmer trotz beendeter Vertragsbeziehung Vermittlungsplattformen verpflichtet haben, für sie aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit vorsichtshalber einen Kündigungsbutton vorzuhalten, auch wenn Vertragsabschlüsse aktuell überhaupt nicht mehr über diese Webseite ermöglicht werden, da zumindest der Sinn und Zweck der Norm für ein solch weites Verständnis spricht. Zudem können die Rechtsfolgen der Verletzung der Pflichten aus § 312k Abs. 1 und 2 BGB für die Unternehmer – je nach Struktur des Unternehmens – einschneidend sein.9 Gemäß § 312k Abs. 6 S. 1 BGB können Verbraucher im Verletzungsfalle das Dauerschuldverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Gerade Unternehmer, die Dauerschuldverhältnisse mit längeren Laufzeiten anbieten, trifft diese Sanktion hart, da ihnen damit planbare Einnahmequellen, die sich aus regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen der Kunden ergeben, entzogen werden können.10

2. Die Ausgestaltung des Kündigungsprozesses

Im Sinne des Verbraucherschutzes soll der Kündigungsprozess auf Webseiten entsprechend einfach und transparent wie der spiegelbildliche Abschluss des Vertrags sein.11 So verwundert es nicht, dass die Regelung des § 312k BGB zumindest hinsichtlich der formalen Ausgestaltung an den „Bestellbutton“ in § 312j Abs. 3 BGB angelehnt ist.12

Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass Verbraucher nach Maßgabe des § 312k Abs. 2 BGB kündigen können. Dabei muss er die Vorgaben des Gesetzgebers hinsichtlich Gestaltung und Inhalt beachten. Zunächst muss der Unternehmer auf der Webseite eine Kündigungsschaltfläche vorhalten, die gut lesbar und mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Nach Betätigung der Kündigungsschaltfläche muss diese den Verbraucher unmittelbar auf eine Bestätigungsseite führen, die ihn auffordert und ihm ermöglicht, Angaben zur Art der Kündigung (lit. a), zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit (lit. b), zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags (lit. c), zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll (lit. d), und zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn [den Verbraucher] (lit. e) zu machen. Schließlich hat der Unternehmer auf der Bestätigungsseite noch eine Bestätigungsschaltfläche vorzuhalten, die wiederum mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Betätigt der Verbraucher die Bestätigungsschaltfläche, löst er final die Kündigung aus.

Obwohl dieser zweistufige Kündigungsprozess denkbar trivial erscheint, hat sich die praktische Umsetzung zum Teil als schwierig erwiesen.

Insbesondere die Abfrage von Angaben zur eindeutigen Identifizierbarkeit des Verbrauchers (lit. a) und zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags (lit. b) hat die Unternehmer vor Herausforderungen gestellt. Was die Unternehmer hierzu konkret abfragen dürfen, lässt das Gesetz nämlich offen, obwohl es sich sowohl aus Sicht des Unternehmers als auch aus Sicht des Verbrauchers hierbei um besonders wichtige Angaben handelt, damit die Kündigung dem richtigen Vertragspartner und dem zu kündigenden Vertrag zugeordnet werden kann. Dass es sich hierbei um besonders wichtige Angaben handelt, hat auch der Gesetzgeber erkannt,13 aber die Vorgaben nicht mit letzter Konsequenz ausgestaltet.

Der Gesetzesbegründung zufolge soll zur eindeutigen Identifizierung des Verbrauchers die Abfrage des Namens und der Anschrift typischerweise erforderlich sein.14 Zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags soll der Unternehmer Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummern abfragen dürfen.15 Neben dem Grundsatz der Datensparsamkeit16 stellt der Gesetzgeber mit Blick auf den Verbraucherschutz entscheidend auf das Merkmal der Erforderlichkeit ab. Der Unternehmer soll nur solche Angaben von dem Verbraucher abfragen dürfen, die einerseits zur zweifelsfreien Zuordnung des Verbrauchers und des zu kündigenden Vertrags erforderlich und andererseits für den Verbraucher auch ohne Weiteres „abrufbar“ sind.17 Damit soll verhindert werden, dass der Unternehmer mit den verlangten Angaben das Ziel des Gesetzes – eine schnelle und unkomplizierte elektronische Vertragskündigung – konterkariert, weil er dem Verbraucher unnötige Hürden in den Weg stellt. Dies ist im Sinne eines erhöhten Verbraucherschutzes in Bezug auf die Kündigung grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings ist der Gesetzgeber der bestehenden Missbrauchsgefahr nicht wirksam begegnet. Die laut Gesetzesbegründung typischerweise zur Identifizierung des Verbrauchers erforderliche Angabe von Name und Anschrift bezieht sich auf Daten, die Dritten in der Regel bekannt oder zumindest ohne weiteren Aufwand zugänglich sind.18 Es liegt nicht nur im Interesse des Unternehmers, sondern auch im Interesse des Verbrauchers, dass Kündigungen nicht von vertragsfremden Dritten abgegeben werden können. Ein Mindestmaß an Sicherheit wird für den Verbraucher erst durch die Kombination der Abfrage des Namens und der Anschrift sowie der Abfrage von Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummern hergestellt. Allerdings ist die Angabe dieser Daten nicht in jedem Fall zwingend erforderlich. Denn die Kündigung dürfte auch dann wirksam sein, wenn keine Angaben zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags gemacht werden, etwa weil der Verbraucher nur einen Vertrag mit dem Unternehmer abgeschlossen hat und sich somit ohne Weiteres ergibt, welches Vertragsverhältnis der (vermeintliche) Vertragspartner kündigen möchte.

Die bestehende Missbrauchsgefahr hat dazu geführt, dass zahlreiche Unternehmer neben Name und Anschrift des Verbrauchers weitere Angaben,19 wie etwa die Angabe eines Kundenkennwortes, zur Identifizierung verlangt haben. Das LG Köln20 hat die Abfrage eines Kundenkennwortes in diesem Zusammenhang für unzulässig erachtet. Zur Begründung der Entscheidung führt das LG Köln aus, dass der Unternehmer mit einer solchen Gestaltung Hürden aufbaue, die in der Vorschrift nicht vorgesehen seien und die geeignet seien, den Verbraucher von der Kündigung abzuhalten, weil ihm das Kennwort möglicherweise nicht zugänglich sei.21 Diese Entscheidung überzeugt nur bedingt, denn das Kernargument verkennt, dass der Gesetzgeber die Abfrage von Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummern auch für zulässig erachtet. Dabei handelt es sich um Daten, die dem Verbraucher in der Regel nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen. Bei lebensnaher Betrachtung ist es jedenfalls wahrscheinlicher, dass Verbraucher ihre Kundenkennwörter eher als ihre Kunden-, Bestell- und Vertragsnummern zur Hand haben. Unter dem Gesichtspunkt der Verbrauchersicherheit besteht hier erheblicher Nachbesserungsbedarf.

Für Vermittlungsplattformen ergibt sich bei der Umsetzung der gesetzgeberischen Vorgaben noch ein zusätzliches Problem. Wie bereits gesehen, muss der Verbraucher nach Betätigung der Kündigungsschaltfläche gemäß § 312k Abs. 3 S. 3 BGB unmittelbar auf eine Bestätigungsseite weitergeleitet werden. Da Vermittlungsplattformen nicht die originären Adressaten der Regelung sind, trifft sie die Pflicht zur Gestaltung des Kündigungsprozesses nach Maßgabe des § 312k Abs. 2 BGB allerdings erst aufgrund der vertraglichen Verpflichtung durch die jeweiligen Unternehmer. Die jeweiligen Unternehmer können also durch die konkrete Ausgestaltung der vertraglichen Verpflichtung vorgeben, welche Angaben sie vom Verbraucher auf der Bestätigungsseite benötigen, um ihn und den zu kündigenden Vertrag eindeutig identifizieren zu können. Folglich können sich die abzufragenden Angaben von Unternehmer zu Unternehmer unterscheiden, was das Vorhalten einer einheitlichen Bestätigungsseite unmöglich macht.

In der Praxis haben sich daher – soweit ersichtlich – die meisten Vermittlungsplattformen für eine sogenannte „Link-Out-Lösung“ entschieden.22 Nachdem der Verbraucher die Kündigungsschaltfläche auf der Vermittlungsplattform betätigt hat, wird er unmittelbar auf eine Unterseite weitergeleitet. Auf dieser Unterseite wählt der Verbraucher denjenigen Unternehmer aus, bei dem er den Vertrag kündigen möchte und wird sodann auf die Bestätigungsseite des jeweiligen Unternehmers weitergeleitet, wo er die zur Kündigung erforderlichen Angaben machen kann. Die „Link-Out-Lösung“, die sich in der Praxis weitestgehend durchgesetzt hat, überzeugt. So trägt die Vermittlungsplattform auch nicht das Risiko, dass die Kündigung nach Betätigung der Bestätigungsschaltfläche nicht weitergeleitet wird. Zudem berücksichtigt diese Umsetzung, dass die originäre Pflicht bei den Unternehmern als Vertragspartner des Verbrauchers und nicht bei der Vermittlungsplattform liegt.

III. Widerrufsbutton

1. Erster Entwurf und aktueller Stand

Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann der Vorschlag für einen Widerrufsbutton kommen würde.23 Die Kommission war mit ihrem Richtlinienvorschlag vom 11. 5. 2022 zunächst noch zurückhaltend; die Regelungen sollten nämlich nach dem ersten Entwurf nur auf Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen Anwendung finden. In die Verbraucherrechterichtlinie24 eingeführt werden sollten dafür neue §§ 16a - 16e. § 16b Abs. 5 sah dabei die verpflichtende Einführung einer Schaltfläche beschriftet mit „Den Vertrag widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung vor. Die Schaltfläche sollte hervorgehoben auf derselben elektronischen Benutzeroberfläche platziert werden, die auch für den Abschluss des Fernabsatzvertrags verwendet wird; sollte zudem während der gesamten Widerrufsfrist ständig verfügbar sein. Wenn ein Verbraucher die Schaltfläche aktiviert hat, sollte er sofort eine Bestätigungsnachricht erhalten, dass das Widerrufsrecht ausgeübt wurde, einschließlich Datum und Uhrzeit der Ausübung des Widerrufsrechts. Zudem sollte die Ausübung des Widerrufsrechts auf einem dauerhaften Datenträger bestätigt werden.25 Begründet wurde dies damit, dass die Ausübung des Widerrufsrechts vereinfacht werden und insbesondere das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht aufwendiger sein sollte als der Abschluss des Vertrags selbst.26 All dies klang recht ähnlich wie die neuen Regelungen zum (rein) deutschen Kündigungsbutton, war allerdings deutlich weniger detailliert formuliert; entsprechend hat der Entwurf Kritik erfahren.27 Für den Online-Handel war dies allerdings alles ohne Relevanz, da die neuen Bedingungen schließlich nur für Finanzdienstleistungen gelten sollten.

Dies änderte sich schlagartig mit einem Kompromissvorschlag durch den Ausschuss der ständigen Vertreter vom 24. 2. 2023.28 Denn dieser sah die Einführung eines neuen Art. 11a in die Verbraucherrechterichtlinie vor, in dem nun der Widerrufsbutton für alle Fernabsatzverträge verpflichtend sein sollte. Zudem sieht der Vorschlag in Art. 6 Abs. 1 lit. h der Verbraucherrechterichtlinie eine neue vorvertragliche Informationspflicht vor, nämlich nunmehr auch die Information über das Bestehen und die Platzierung der Schaltfläche für den Widerruf nach dem neuen Art. 11a. Dieser Entwurf für einen neuen Art. 11a der Verbraucherrechterichtlinie ist detaillierter als der Entwurf der Kommission. Abs. 1 enthält zunächst die Verpflichtung des Unternehmers, bei Fernabsatzverträgen, die über eine online-Benutzeroberfläche geschlossen werden, dem Verbraucher auf derselben online-Benutzeroberfläche eine Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion für eine Widerrufserklärung bereitzustellen. Diese muss lesbar mit den Worten „Vertrag widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein und hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich sein. Nach dem geplanten Abs. 2 soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden, eine Widerrufserklärung abzugeben und folgende Informationen bereitzustellen: Name des Verbrauchers, Bezeichnung des Vertrags, Angaben zum elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem die Bestätigung des Widerrufs dem Verbraucher übermittelt werden soll. Abs. 3 regelt sodann, dass die Widerrufserklärung übermittelt werden soll, indem eine Schaltfläche für die Bestätigung oder eine ähnliche Funktion genutzt wird. Diese Schaltfläche für die Bestätigung muss lesbar mit den Worten „Jetzt widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein. Wie schon im Kommissionsentwurf auch, soll der Verbraucher sodann gemäß Abs. 4 automatisch eine Bestätigung für die Übermittlung der Widerrufserklärung, einschließlich des Datums und der Uhrzeit erhalten. Zudem soll der Unternehmer nach Abs. 5 dem Verbraucher auch unverzüglich den Inhalt der Widerrufserklärung, einschließlich des Datums der Uhrzeit des Eingangs, auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen.

Auch hier war die Begründung, dass der Vertrag genauso einfach widerrufen werden können soll, wie er geschlossen werden kann.29 Diesen Vorschlag hat der Rat am 2. 3. 2023 angenommen.30 Am 6. 6. 2023 wurde schließlich zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament Einigkeit erzielt.31 In der letzten Fassung wurden keine Änderungen mehr am Richtlinientext vorgenommen. Es ist also zu befürchten, dass der neue Widerrufsbutton tatsächlich in dieser unausgegorenen Version in die Verbraucherrechterichtlinie übernommen wird.

2. Praktische Probleme mit dem vorgeschlagenen Widerrufsbutton

Ein einfaches Praxisbeispiel zeigt, dass die abgestimmte Version des Widerrufsbuttons nicht funktionieren kann. Verbraucher V. bestellt bei Online-Händler O. in dessen Onlineshop im Rahmen einer einheitlichen Bestellung:

  1. für seinen Schrebergarten eine sehr individuell zugeschnittene Arbeitsplatte für eine Küchenzeile, diese erhält V per Post am 1. 6.;
  2. für sein Wohnzimmer zu Hause eine neue Wohnwand, die am 8. 6. per Spedition geliefert wird (in manchen Bundesländern ist dies ein Feiertag!);
  3. eine Packung mit Terrassenschrauben für den Garten und für sein Büro einen Tacker, die ihn per Postpaket am 15. 6. erreichen;
  4. eine (versiegelte) DVD „Garten leicht gemacht“, die er per separatem Großbrief am 30. 6. erhält (stark verzögerter Postlauf).
  5. stellt in seinem Online-Shop eine einheitliche Widerrufsbelehrung zur Verfügung und nutzt bei Gestaltungshinweise 5 b) folgende Variante: „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren“.

Am 2. 7. sieht sich V. die DVD an und beschließt, das Projekt mit dem Garten doch besser bleiben zu lassen. Die Wohnwand gefällt ihm mittlerweile auch nicht mehr. Schließlich möchte er auf ein papierloses Büro umstellen und braucht auch den Tacker nicht mehr. V. fragt sich, ob ihm am 2. 7. noch ein Widerrufsrecht hinsichtlich der verschiedenen Waren zusteht.

An diesem Beispiel zeigt sich die gesamte Komplexität des Widerrufsbuttons. Nach der geplanten Regelung soll der Unternehmer nun während der Widerrufsfrist den Widerrufsbutton für die Ausübung des Widerrufsrechts bereithalten. Der Richtlinienentwurf spricht dabei davon, dass ein Verbraucher den Vertrag widerrufen soll. Das ist technisch natürlich falsch, richtigerweise widerruft ein Verbraucher lediglich seine eigene Willenserklärung.32 Damit der Unternehmer nunmehr den verlangten Widerrufsbutton während der Widerrufsfrist vorhalten kann, braucht er drei wesentliche Informationen: Welche Ware oder Dienstleistung wurde erworben, war der Käufer in Bezug auf diese Ware oder Dienstleistung Verbraucher oder Unternehmer, und wann endet die Widerrufsfrist. Die erste Information, nämlich welche Ware oder Dienstleistung gekauft wurde, kann der Unternehmer problemlos feststellen; ihm liegen dafür alle Informationen vor. Die zweite Information kann sich der Unternehmer möglicherweise anhand der Art der Ware erschließen, bei typischen dual use Produkten wird ihm dies allerdings schwerfallen, weil es nach der Rechtsprechung des BGH entscheidend darauf ankommt, wie sich die Rechtslage tatsächlich darstellt, und nicht, die sie sich aus Sicht des Verkäufers darstellt.33 Schwierig wird schließlich die letzte Information. Damit der Unternehmer weiß, wie lange er den Widerrufsbutton bereitstellen muss und wie lange und ob überhaupt das Widerrufsrecht besteht, muss er wissen, wann die Ware beim Verbraucher angekommen ist. Hier werden die zahlreichen Ausnahmeregelungen (§ 312g Abs. 2 BGB = Art. 16 VRRL) dem Widerrufsbutton zum Verhängnis. Die Arbeitsplatte erreichte V. am 1. 6. es besteht aber wegen § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB (eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse von V. zugeschnitten) von Anfang an überhaupt kein Widerrufsrecht. Den „Vertrag“ kann V. also gar nicht widerrufen, sondern er kann nur für einen Teil der bestellten Ware von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen. Dies sieht der Richtlinienentwurf offensichtlich gar nicht vor.

Die Wohnwand erreichte V. am 8. 6. W war allerdings Teil einer einheitlichen Bestellung. Wegen § 356 Abs. 2 Nr. 1b) BGB beginnt die Widerrufsfrist daher erst mit dem Erhalt der letzten Ware. Diese Regelung ist völlig verunglückt,34 welchen Schaden sie ohne erkennbare Not anrichten kann, zeigt der Beispielsfall. Allerdings muss O. hier noch etwas berücksichtigen: Seine Widerrufsbelehrung ist falsch, weil sie für Speditionswaren nicht die voraussichtlichen Kosten der Rücksendung beinhaltet (Gestaltungshinweise zur Musterwiderrufsbelehrung 5 b), dritter Spiegelstrich). Da der Verbraucher damit nicht zutreffend über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt wurde, kann sich O. nicht auf die Fiktion der Richtigkeit der Musterwiderrufsbelehrung auch hinsichtlich des Fristbeginns berufen.35 Die Widerrufsfrist beträgt daher ein Jahr und 14 Tage (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB). Damit nicht genug, wenn der 8. 6. in dem Bundesland, in dem O. seinen Sitz hat, ein Feiertag ist, muss er für die Berechnung der Frist berücksichtigen, dass bei V. an diesem Tag kein Feiertag war.

Die Schrauben und der Tacker erreichten V. am 15. 6. Hinsichtlich des Tackers ist zu beachten, dass V. insoweit kein Widerrufsrecht zusteht, weil er hier in seiner Eigenschaft als Unternehmer (§ 14 BGB) gehandelt hat. Dies kann O. schlechterdings nicht wissen, der Tacker könnte genauso gut auch für den privaten Gebrauch gewesen sein.

Hinsichtlich der Schrauben wäre die 14-tägige Widerrufsfrist zwar eigentlich bereits abgelaufen (nämlich am 29. 6., da diese jedoch im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt wurden, beginnt die Widerrufsfrist wegen § 356 Abs. 2 Nr. 1b) BGB erst mit der Zustellung der letzten Ware, mithin am 30. 6. Hinsichtlich der Schrauben könnte V. folglich noch von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen.

Die DVD schließlich erreichte V. am 30. 6. Hier würde ihn grundsätzlich noch ein Widerrufsrecht zustehen, da die Widerrufsfrist von 14 Tagen noch nicht abgelaufen ist. Hier ist allerdings zu beachten, dass das Widerrufsrecht durch ein weiteres Zutun des Verbrauchers erlischt, indem nämlich das Siegel der DVD gebrochen wird. Da sich V. hier die DVD bereits angesehen hat, ist das Siegel zwangsläufig gebrochen worden und V. hat sein Widerrufsrecht wegen § 312g Abs. 2 Nr. 6 BGB nachträglich verloren. Auch diese Information kann O. nicht haben.

Die Beispiele zeigen deutlich, dass Unternehmer für die Bereitstellung des Widerrufsbuttons während der Dauer der Widerrufsfrist Informationen benötigen, die sie gar nicht haben können. In der geplanten Form ist der Widerrufsbutton damit für einen Unternehmer bei Warenkäufen schlicht nicht umsetzbar. Einfacher mag dies bei Dienstleistungen sein, weil hier typischerweise das Datum des Vertragsschlusses entscheidend ist.

3. Grundsätzliche Probleme und Lösungsansätze

Der Widerrufsbutton krankt in der im Unionsrecht vorgeschlagenen Form aber auch an ganz grundsätzlichen Mängeln. Er soll über „dieselbe Online-Benutzeroberfläche“ bereitgestellt werden, über die der Verbraucher den Vertrag geschlossen hat (Art. 11a Abs. 1 VRRL-E). Was „dieselbe elektronische Benutzeroberfläche“ sein soll, wird in der Richtlinie nicht definiert. Das Gesamtkonzept scheint darauf hinzudeuten, dass es sich hierbei um eine einzelne Webseite handeln soll, mithin im Rahmen des Bestellvorgangs die Checkout-Seite.36 Das würde natürlich überhaupt keinen Sinn ergeben, da diese Seite flüchtig ist. Die drei vorgegebenen Informationen „Name des Verbrauchers“, „Bezeichnung des Vertrags“ und „Angaben zum elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem die Bestätigung des Widerrufs dem Verbraucher übermittelt wird“ sind kaum geeignet, den Gegenstand des Widerrufs hinreichend zu definieren; insbesondere ein Teilwiderruf scheint nicht vorgesehen zu sein. Das geht an der Praxis völlig vorbei. Allein mit seinem Namen kann sich ein Verbraucher auch nicht hinreichend identifizieren. Schließlich sieht der Richtlinienentwurf keine Konsequenzen für den Fall vor, dass der Unternehmer den Widerrufsbutton tatsächlich nicht bereitstellt. Hier hätte – angelehnt an das Konzept des Kündigungsbuttons – ein nicht endendes Widerrufsrecht eine sinnvolle Konsequenz dargestellt. Ganz grundsätzlich hätte sich der europäische Normgeber ein wenig am Kündigungsbutton orientieren können. Dieser ist zwar ebenfalls nicht ganz ausgereift, die Regelungen sind gleichwohl deutlich brauchbarer als die Vorschläge zum Widerrufsbutton von europäischer Ebene.

Es sprechen gute Argumente dafür, auch den Widerruf über einen entsprechenden Button in einem zweistufigen Prozess darzustellen.37 Dabei erscheint eine räumliche Verbindung der Darstellung von Widerrufsinformationen und der tatsächlichen Ausübung des Widerrufsrechts sachgerecht. Auf einer ersten Stufe sollte sich auf jeder Unterseite der Website demnach ein gut lesbarer Link, beschriftet mit z. B. „Widerrufsrecht“ finden, unter dem die Widerrufsbelehrung für den Verbraucher verfügbar ist. Dabei muss für den Verbraucher erkennbar sein, dass die Betätigung des Links lediglich einen vorbereitenden Schritt darstellt, mit dem noch keine Abgabe einer Widerrufserklärung einhergeht.38

Unmittelbar anschließend an die Widerrufsbelehrung könnte sich dann eine Schaltfläche befinden, z. B. benannt mit „Widerruf starten“, auf der der Verbraucher die Möglichkeit hat, den Umfang seiner Widerrufserklärung zu konkretisieren. Dazu muss dem Verbraucher zunächst gestattet werden, auszuwählen, ob er sich in ein ggf. bestehendes Kundenkonto einloggen, oder im Rahmen vordefinierter Felder seinen Widerrufswunsch konkretisieren möchte. Loggt der Verbraucher sich ein, sollen ihm sowohl bei Widerruf über die Website des Unternehmers selbst als auch über die Plattform, auf der die Ware des Unternehmers ebenfalls angeboten wird, die Produkte angezeigt werden, für die zum Zeitpunkt des Zugriffs auf die Website noch ein Widerrufsrecht besteht, an welche sich dann eine Auswahlmöglichkeit der Widerrufserklärung für einzelne Produkte anschließt. Möchte der Verbraucher hingegen als Gast widerrufen, sollte ihm im Rahmen der Auswahlwebsite ermöglicht werden, nähere Angaben zum Widerruf wie der genauen Bezeichnung der zu widerrufenden Waren zu tätigen und diese, bestenfalls über Angabe einer Bestell- oder Rechnungsnummer, zu einer Bestellung zuordenbar zu machen. Beim Widerruf über die Website der Plattform muss zudem über ein Pflichtfeld sichergestellt werden, dass der Verkäufer identifiziert werden kann; dies geschieht über die sich auf der Widerrufsbelehrung befindende E-Mail-Adresse des Unternehmers. Auf dieser Auswahlseite könnte zur vorzeitigen Feststellung, ob die Widerrufsfrist bereits abgelaufen ist, das Datum des Warenerhalts abgefragt werden.39

Nach dieser Auswahlseite müsste sich, unterhalb einer weiteren Belehrung darüber, dass mit der Betätigung eine rechtsverbindliche Erklärung abgegeben wird (z. B.: „Mit Anklicken des Buttons ,jetzt widerrufen’ erklären Sie rechtsverbindlich den Widerruf Ihrer Vertragserklärung für die oben ausgewählten Vertragsgegenstände“), eine weitere, hervorgehobene Schaltfläche, die mit nichts anderem als „jetzt widerrufen“ beschriftet ist, anfügen. Dahingehend sind keine anderen Formulierungsmöglichkeiten zuzulassen, da beim Widerruf, im Gegensatz zum Vertragsschluss, keine Besonderheiten der Sprache zu berücksichtigen sind, die eine andere Formulierung rechtfertigen würden.40

Übt der Verbraucher nun durch Betätigung der Schaltfläche sein Widerrufsrecht aus, soll er auf eine Webseite geleitet werden, die den Widerrufseingang beim Unternehmer bestätigt, sodass dem Verbraucher ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt wird, die Widerrufserklärung in ihrem konkreten Umfang inklusive der Information, zu welcher Zeit sie abgegeben und dem Unternehmer zugegangen ist, dauerhaft zu speichern. Diese Bestätigung sollte zudem Informationen darüber enthalten, dass der Widerruf rechtzeitig eingegangen ist und welche Rechtsfolgen sich daraus anschließen, insbesondere bspw. Rücksendepflichten des Verbrauchers (§ 357 Abs. 1 BGB), sowie Bedingungen hinsichtlich des Rückerhalts des Kaufpreises (§ 357 Abs. 4 BGB).41

Schließlich könnten dem Unternehmer für den Fall der Nichtbereitstellung des Widerrufsbuttons Sanktionen auferlegt werden, z. B., dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt.

IV. Fazit

Das Gesetz zeigt an vielen Stellen, dass es nicht bis ins letzte Detail durchdacht ist. Die Konsequenz dessen ist, dass im Rahmen der praktischen Umsetzung zum Teil erhebliche Rechtsunsicherheit besteht und eine Vielzahl von Unternehmern sich gerade im Hinblick auf die Datenabfrage zu übervorsichtigem Handeln veranlasst sah. Die Unternehmer haben sowohl im eigenen Interesse als auch im Interesse der Verbraucher sicherzustellen, dass Kündigungen nicht von Dritten missbräuchlich abgegeben werden können. Da der Gesetzgeber es versäumt hat, der bestehenden Missbrauchsgefahr wirksam zu begegnen, indem er etwa die Abfrage eines Kundenkennwortes zulässt oder den Kündigungsbutton hinter einem sicheren Log-in verortet,42 überrascht es nicht, dass viele Unternehmer zusätzliche Angaben zur Identifizierung abfragen und somit keinen gesetzeskonformen Kündigungsbutton vorhalten. In Ergänzung zu dem in § 312k BGB vorgesehenen Kündigungsprozess, ist den Unternehmern anzuraten, alternative Kündigungsmöglichkeiten, die eine sichere Identifikation ermöglichen, anzubieten.43 Das LG Koblenz44 erachtet die Einbindung von zusätzlichen Kündigungsmöglichkeiten auf der Bestätigungsseite für zulässig, solange der Kündigungsprozess entsprechend der gesetzlichen Vorgaben gestaltet ist. Dies steht auch im Einklang mit der Gesetzesbegründung, wonach die Kündigungsmöglichkeiten des Verbrauchers erweitert, aber alternative Kündigungswege nicht ausgeschlossen werden sollen.45

Sollte der aktuelle Entwurf des Widerrufsbuttons so umgesetzt werden, droht dem Onlinehandel ein Desaster. Die Regelungen sind unausgegoren und faktisch nicht umsetzbar, selbst wenn ein Unternehmer einen Widerrufsbutton nach den angedachten Regelungen vorhalten wollte, würde ihm dies tatsächlich schlicht nicht gelingen. Es bleibt zu hoffen, dass die Regelungen im Trilog entweder grundlegend verändert werden oder das Projekt so lange zurückgestellt wird, bis die Beteiligten die tatsächlichen und nicht unerheblichen Probleme eines Widerrufsbuttons durchdacht haben.

 

1       BGBl. I 2021, 3433.

2       Kritisch zum nationalen Alleingang Maume, in: BeckOK BGB, 66. Ed. 1. 5. 2023, BGB § 312k Rn. 5; Wendehorst, in: MüKoBGB, 9. Aufl. 2022, BGB § 312k Rn. 2.

3       BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 15.

4       BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 15.

5       Vgl. Halm/Neumann, VuR 2023, 83.

6       BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 16.

7       BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 16.

8       Die Norm wurde erst durch die Beschlussempfehlung (BT-Drs. 19/30840) des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 18. 6. 2021 in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt und bereits am 25. 6. 2021 vom Bundestag verabschiedet.

9       So auch Wendehorst, in: MüKoBGB (Fn. 2), BGB § 312k Rn. 33.

10     Siehe hierzu auch Maume, in: BeckOK BGB (Fn. 2), BGB § 312k Rn. 45, der insbesondere bei Unternehmen, deren Dauerschuldverhältnisse monatlich kündbar sind, die Sanktion der sofortigen Kündbarkeit als nicht schlagkräftig genug erachtet.

11     BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 15.

12     Siehe dazu auch Maume, in: BeckOK BGB (Fn. 2), BGB § 312k Rn. 4, der auf die unterschiedliche Zielrichtung beider Buttonlösungen abgestellt.

13     BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 17.

14     BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 17.

15     BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 17.

16     Art. 5 Abs. 1 lit. c der VO (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der RL 95/46/EG.

17     BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 18.

18     Siehe zur Missbrauchsgefahr auch Maume, in BeckOK BGB (Fn. 2), BGB § 312k Rn. 6 - 7.

19     Nach der Webseitenanalyse des Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., abrufbar unter https://www.vzbv.de/sites/default/files/2023-01/23-01-02 Kurzpapier_K%C3%BCndigungsbutton%20%28003%29.pdf, S. 3, verlangen 37 % der Unternehmer zu viele Pflichtangaben.

20     LG Köln, 29. 7. 2022 – 33 O 355/22, K&R 2023, 82 ff. = MMR 2023, 381.

21     LG Köln, 29. 7. 2022 – 33 O 355/22, K&R 2023, 82 ff. = MMR 2023, 381, Rn. 7.

22     Vgl. nur die Umsetzung auf www.verivox.de, www.preis24.de, www.check24.de, www.deinhandy.de, www.wechseljetzt.de und www.stromvergleich.de (zuletzt abgerufen am 13. 8. 2023).

23     Vgl. Buchmann, K&R2021, Editorial, Heft 9: Wann kommt der Widerrufsbutton?.

24     RL 2011/83/EU, 25. 10. 2011.

25     Richtlinienvorschlag COM(2022), 204 final, S. 25.

26     Richtlinienvorschlag COM(2022), 204 final, S. 19.

27     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 28.

28     Vermerk des Europäischen Rats betreffend den Richtlinienvorschlag – Allgemeine Ausrichtung, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CONSIL:ST63632023INIT.

29     https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CONSIL:ST_6363_2023_INIT, ErwG 25.

30     https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CONSIL:ST_7037_2023_INIT.

31     eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CONSIL:ST_10957_2023_INIT.

32     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 28.

33     BGH, 30. 9. 2009 – VIII ZR 7/09, K&R 2010, 37 ff. (Kauf von Lampen durch Rechtsanwältin).

34     Buchmann, K&R 2014, 221, 226 f.

35     BGH, 1. 12. 2022 – I ZR 28/22, WRP 2023, 601, 603 f.

36     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 28.

37     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 29.

38     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 30.

39     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 30.

40     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 30.

41     Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 31.

42     Dies wird in der Literatur zur Begegnung der Missbrauchsgefahr vorgeschlagen, vgl. Buchmann/Panfili, K&R 2023, 24, 27.

43     So auch Maume, in BeckOK BGB (Fn. 2), BGB § 312k Rn. 7.

44     LG Koblenz, 7. 3. 2023 – 11 O 21/22.

45     BT-Drs. 19/30840, 18. 6. 2021, S. 16.

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