Kommunikation & Recht (K&R), 2023, 619 f.: „Keine E-Mail-Werbung durch Social-Media-Angaben in Abwesenheitsnotiz“ (Anm. zu AG Augsburg, 9. 6. 2023 – 12 C 11/23)

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I. Einführung/Überblick

Die ungewünschte Zusendung von Werbe-E-Mails beschäftigt die Gerichte regelmäßig in den unterschiedlichsten Konstellationen. So auch das AG Augsburg,1 das darüber zu entscheiden hatte, ob allein der Verweis auf die Social-Media-Präsenz eines Unternehmens in der Signatur einer E-Mail bereits Werbung darstellt, die rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreift.

Der Begriff der Werbung wird in Rechtsprechung und Literatur äußerst weit ausgelegt und umfasst in Übereinstimmung mit Art. 2 lit. a RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12. 12. 2006 über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.2 Miteinbegriffen ist dabei auch die mittelbare Absatzförderung, insbesondere auch Imagewerbung und damit Werbung für das Unternehmen an sich.3

Bereits aus marktwirtschaftlichen Gründen verfolgt jedes Unternehmen das Ziel seinen Absatz zu fördern, um im Wettbewerb langfristig am Markt bestehen zu können. Zu diesem Zweck greifen Unternehmen oftmals auf Maßnahmen des Direktmarketings, also auf Maßnahmen, durch die Kunden gezielt angesprochen werden sollen, zurück. Was aber aus Sicht des Unternehmens der Verfolgung berechtigter Interessen dient, kann von der Zielgruppe schnell als belästigend empfunden werden. Bereits im Jahr 1997 hatte das LG Traunstein in diesem Zusammenhang das Spannungsfeld zwischen berechtigter Kundenansprache durch das Zusenden von E-Mails und der zugleich innewohnenden Belästigungsgefahr erkannt und – soweit erkennbar – als erstes Gericht die Wettbewerbswidrigkeit unverlangter E-Mail-Werbung anerkannt.4

Die Entscheidung des AG Augsburg zeigt, dass die Grenze zwischen Äußerungen, die keinen Werbecharakter haben, und Äußerungen, die als Werbung im eigentlichen Sinne einzustufen sind, jenseits eindeutiger „Spam“-Fälle fließend ist. Denn grundsätzlich ließe sich jede Äußerung, die mit Unternehmensbezug erfolgt, als Werbung qualifizieren. Entscheidend kommt es in diesen Fällen auf die Frage an, wann eine bestimmte Äußerung nicht mehr lediglich schlichten Sachinformationszielen ohne Bezug zur Absatzförderung dient und damit die Schwelle zur Werbung erreicht wurde.

II. Sachverhalt

In dem der Entscheidung des AG Augsburg zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien über das Bestehen von Unterlassungsansprüchen wegen der Zusendung einer E-Mail. Der Kläger wandte sich ursprünglich mit produktbezogenen Fragen an die Beklagte. Die Anfrage wurde durch einen Mitarbeiter der Beklagten beantwortet, wobei in der Folgezeit über mehrere Monate weitere produktbezogene Telefongespräche und E-Mailkorrespondenz stattfanden. Zuletzt erhielt der Kläger auf seine E-Mail als Antwort die streitgegenständliche automatisierte E-Mail des Mitarbeiters, die neben einer Abwesenheitsnotiz in der Signatur drei Querverweise zur Internetpräsenz der Beklagten auf den Social-Media-Plattformen Facebook, Twitter und YouTube enthielt. Dies mahnte der Kläger noch am selben Tag ab und forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wegen unerlaubter elektronischer Werbung auf, welche jedoch von der Beklagten nicht abgegeben wurde. Der Kläger erhob sodann die dem Urteil des AG Augsburg zugrundeliegende Unterlassungsklage. Er vertrat die Auffassung, die Querverweise seien als Werbung zu qualifizieren und – mangels Einwilligung – läge daher ein rechtswidriger Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht vor. Die Beklagte setzte dem entgegen, der Kläger habe durch die Kontaktaufnahme in die Zusendung entsprechender E-Mails eingewilligt. Darüber hinaus sei die E-Mail bereits nicht als Werbung zu qualifizieren. Jedenfalls falle die Interessenabwägung zugunsten der Beklagten aus und das Verhalten des Klägers sei überdies rechtsmissbräuchlich.

III. Die Entscheidung des AG Augsburg

Das AG Augsburg hat die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts handle es sich bei den in der E-Mail gesetzten Querverweisen bereits tatbestandlich nicht um Werbung. Daher läge schon kein Eingriff in die Rechte des Klägers vor. Zur Begründung führt das Gericht aus, ein bloßer Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens sei gerade nicht unmittelbar auf die Absatzförderung gerichtet. Die Nennung diene – ebenso wie die Angabe der weiteren Kontaktdaten in der Signatur – reinen Informationszwecken. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung ließe sich darin nicht erblicken.

Selbst bei Vorliegen von Werbung und damit einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bzw. in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers unterstellend, wäre ein solcher jedenfalls nicht rechtswidrig gewesen. Das Interesse der Beklagten, Kunden zu beraten, überwiege das Schutzinteresse des Klägers, nicht in seiner Persönlichkeit bzw. seiner geschäftlichen Sphäre gestört zu werden. Die streitgegenständliche E-Mail – welche im Rahmen einer laufenden Produktberatung versandt wurde – hätte durch die Abwesenheitsnotiz überwiegend informatorischen Charakter. Selbst wenn man in den Verweisen unerwünschte Werbung erblicken würde, wäre zu berücksichtigen, dass die Nennung der streitgegenständlichen Internetadressen5 den Kläger nur geringfügig beeinträchtige würde, da er sie einfach ignorieren könne. Der Beklagte müsse sich gedanklich nicht mit der E-Mail beschäftigen und nicht von anderen Informationen trennen. Er müsse lediglich das Anklicken der Querverweise unterlassen. Ein Aussortieren des werbenden Teils der E-Mail sei gerade nicht erforderlich.

IV. Einordnung

Das Urteil des AG Augsburg reiht sich in eine Reihe von Entscheidungen ein, die der Frage nachgehen, wann bei E-Mails, die grundsätzlich informatorische Zwecke verfolgen, gleichzeitig aber auch zusätzliche (werbliche) Hinweise enthalten, unzulässige Werbung vorliegt. Die Entscheidungspraxis der Gerichte zeigt, dass – anders als in dem vom AG Augsburg zu entscheidenden Fall – der Äußernde regelmäßig nicht mit dem Argument gehört wird, der werbende Anteil der Nachricht sei im Verhältnis zu deren informatorischen Teil zu sehen und die Nachricht daher bereits auf Tatbestandsebene insgesamt nicht als Werbung zu betrachten.6 Eine Gesamtbetrachtung wird insoweit in die Interessenabwägung verschoben. Durch die Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls können für den konkreten Fall gerechte Entscheidungen getroffen werden; auf der Kehrseite wird damit eine für ähnliche, aber eben nicht gleiche Fallkonstellationen verbleibende Rechtsunsicherheit in Kauf genommen.

Das Urteil des AG Augsburg folgt den in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen, die es jedenfalls erlauben, allgemeine Maßstäbe zur Bestimmung der Grenze zwischen Werbung und Information aufzustellen. Ausgangspunkt bleibt das hinter der Aussage liegende Ziel des Äußernden. Sinn und Zweck der restriktiven Zulässigkeit von Werbung dürfen dabei nicht aus den Augen verloren werden. Im Vordergrund steht das belästigende Eindringen in die Privat- bzw. Unternehmenssphäre.

Kann das Ziel der Absatzförderung bereits der Äußerung innerhalb der E-Mail entnommen werden, liegt unzweifelhaft Werbung vor. Dies wurde in der Vergangenheit bereits für Kundenzufriedenheitsbefragungen7 und Einladungs-E-Mails, die Anbieter sozialer Netzwerke an Empfänger senden, die nicht Mitglieder des sozialen Netzwerkes sind,8 bejaht.

Demgegenüber kann bei Äußerungen, die gerade zu Informationszwecken erfolgen (und teilweise sogar gesetzlich vorgeschriebenen sind, vgl. § 312i Abs. 1 BGB9) grundsätzlich nicht von Werbung gesprochen werden.

Werden allerdings eigentlich informatorische (Transaktions-)E-Mails mit zusätzlichen Hinweisen verbunden, ist die Rechtslage nicht mehr so eindeutig. Während die Verwendung eines Firmenlogos in der eigenen E-Mail-Signatur, das über einen unsichtbaren Querverweis zur Website des Unternehmens führt, nach Ansicht des AG Frankfurt a. M. noch keine Werbung darstellt,10 sind nach Ansicht des LG Stendal sog. Double-Opt-in E-Mails als Werbung einzustufen, wenn diese nicht nur das Firmenlogo enthalten, sondern auch die Zusätze „Welcome to (…)“ und „Hast Du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über info@(…).de“.11 Denn – so ausdrücklich das LG Stendal – bereits „ein bisschen“ unerwünschte Werbung in einer E-Mail kann unzulässig sein. Ebenfalls als Werbung gelten automatisch generierte „No-Reply“-E-Mails, die sowohl eine Eingangsbestätigung in Bezug auf zuvor versandte Nachrichten als auch einen Hinweis auf eine kostenlose App in der Signatur enthalten.12 Entsprechendes gilt für Angaben in Auto-Reply-E-Mails, wenn diese Testsiegerwerbung für bestimmte Produkte des Absendenden enthalten.13

Bei derartigen Zusatzinformationen kommt es nach der einschlägigen Rechtsprechung maßgeblich darauf an, ob sie Hinweise auf konkret angebotene Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens oder sonstige Formulierungen enthalten, die den E-Mail-Empfänger zu einer Inanspruchnahme der Produkte bzw. Dienstleistungen veranlassen sollen.14 So auch in dem vom AG Augsburg zu entscheidenden Fall.

Dass anklickbare Links, die auf Internetauftritte eines Unternehmens führen, keine unmittelbare Absatzförderung darstellen, liegt auf der Hand. Richtigerweise liegt aber entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung15 auch keine mittelbare Absatzförderung vor und im Ergebnis damit auch keine Werbung. Zwar ist auch der Begriff der Mittelbarkeit alles andere als eindeutig definiert. Er muss seine Grenze aber jedenfalls dort finden, wo der Zusammenhang zwischen Äußerung und Absatzförderung derart lose wird, dass eine Zurechnung an den Äußernden nicht mehr gerechtfertigt erscheint.

Im Ergebnis ist damit dem AG Augsburg zuzustimmen. Ein schlichter Querverweis hat noch keinen werbenden Charakter. Erst das Anklicken und das darauffolgende Betreten einer Webseite kann als (Image-)Werbung begriffen werden. Wenn aber, wie hier, keine weitere Beeinflussung des E-Mail-Empfängers unternommen wird, um ihn zum Anklicken des Querverweises zu bewegen, kann nicht mehr von einem ausreichenden Zusammenhang gesprochen werden, der es rechtfertigen würde, hierin Werbung zu erblicken.

V. Fazit

Das Urteil des AG Augsburg hat Ausnahmecharakter. Als eine der wenigen Entscheidungen zeigt es auf, wo die Grenze zur Werbung innerhalb einer E-Mail-Signatur noch nicht überschritten ist. Zusammen mit dem Urteil des AG Frankfurt a. M. können Unternehmen damit positiv prüfen, was gerade noch zulässig ist. Unternehmen sind dennoch gut daran beraten, auch in Zukunft bei der Gestaltung von E-Mail-Signaturen zurückhaltend zu agieren, zumal die höchstrichterliche Rechtsprechung nach wie vor strenge Maßstäbe anlegt und insoweit offen ist, wie vergleichbare Fälle letztinstanzlich entschieden werden würden.

1       AG Augsburg, 9. 6. 2023 – 12 C 11/23.

2       BGH, 12. 9. 2013 – I ZR 208/12, K&R 2013, 792 ff., BGH, 15. 12. 2015 – VI ZR 134/15, K&R 2016, 179 ff., BGH, 10. 7. 2018 – VI ZR 225/17, K&R 2019, 43 ff.

3       BGH, 10. 7. 2018 – VI ZR 225/17, K&R 2019, 43 ff.

4       LG Traunstein, 18. 12. 1997 – 2 HK O 3755/97.

5       Anmerkung der Autoren: Das Gericht spricht an dieser Stelle – wohl irrtümlich – von „Mailadressen“.

6       BGH, 10. 7. 2018 – VI ZR 225/17, K&R 2019, 43 ff. – Kundenzufriedenheitsumfrage als Teil einer Rechnungsemail.

7       AG Hannover, 3. 4. 2013 – 550 C 13442/12, BGH, 12. 9. 2013 – I ZR 208/12, K&R 2013, 792 ff., LG Hannover, 21. 12. 2017 – 21 O 21/17.

8       BGH, 14. 1. 2016 – I ZR 65/14, K&R 2016, 597 ff.

9       Fritzsche, in: BeckOK UWG, 20. Ed. 1. 4. 2023, UWG § 7 Rn. 46.

10     AG Frankfurt a. M., 2. 10. 2017 – 29 C 1860/17, K&R 2018, 132 ff.

11     LG Stendal, 12. 5. 2021 – 22 S 87/20.

12     BGH, 15. 12. 2015 – VI ZR 134/15, K&R 2016, 179 ff.

13     LG Hamburg, 3. 4. 2018 – 312 O 73/17.

14     AG Frankfurt a. M., 2. 10. 2017 – 29 C 1860/17, K&R 2018, 132 ff.

15     Vgl. Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, 4. Aufl. 2019, UWG § 7 Rn. 42, wonach schon ein Link zur Unternehmenswebseite als Werbung einzustufen sei.

Autoren

Chiara Panfili, LL.M.

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