Kommunikation & Recht (K&R) 2014, 754: „Anmerkung zu AG Köln, 142 C 354/13 „Bezeichnung des Buttons mit „Kaufen“ unzulässig“

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I. Hintergrund

Die „Button-Lösung“ setzt Art. 8 Abs. 2 der Verbraucherrechterichtlinie um, wonach der Unternehmer dafür zu sorgen hat, einem Verbraucher bei der Bestellung deutlich vor Augen zu führen, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Aufgrund der im Wesentlichen politisch motivierten Debatte1 über die so genannten „Abofallen“ im Internet sah sich der Gesetzgeber veranlasst, diese Norm der Verbraucherrechterichtlinie früher in nationales deutsches Recht umzusetzen als deren übrige Regelungen.2 Das Ziel der „Button-Lösung“, die so genannten Vertragsfallen im Internet mit zivilrechtlichen Mitteln zu bekämpfen,3 ist dem Gesetzgeber (wie schon zuvor4) misslungen.5 Der BGH6 hat dies nunmehr durch seine richtige strafrechtliche Rechtsprechung korrigiert. Leidtragende sind die Onlineshop-Betreiber, die sich mit den Anforderungen des Gesetzgebers an das Zustandekommen eines Vertrags im Internet auseinandersetzen müssen, wobei für die deutschen Online-Händler das Schlimmste noch verhindert werden konnte, indem die Idee der sogenannten „Doppel-Klick-Lösung“7 nicht umgesetzt wurde.

In besonders eklatanter Weise zeigt das Urteil des AG Köln, dass sich die Onlineshop-Betreiber nicht nur mit den Widrigkeiten eines in der Sache überzogenen Verbraucherschutzes befassen müssen, sondern auch noch mit der Rechtsprechung von Untergerichten, die mit wenigen Worten die Onlineshop-Betreiber in helle Aufregung8 versetzen können.

Seit der Reform des Fernabsatzrechts findet sich die Button-Lösung nunmehr in § 312 j Abs. 3 BGB. Unverändert seit deren Einführung9 in § 312 g BGB a. F. verlangt das Gesetz, dass ein Unternehmer bei einem entgeltlichen Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr die Bestellsituation so zu gestalten hat, dass ein Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Wenn die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, soll diese gut lesbar und mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder entsprechend eindeutig beschriftet sein. Ein Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher kommt nur dann zustande, wenn der Unternehmer sich an diese Verpflichtung gehalten hat.10

312 g Abs. 3 BGB a. F. (= § 312 j Abs. 3 BGB n. F.) setzt für die Anwendbarkeit der Button-Lösung voraus, dass es sich um einen Vertrag im elektronischen Rechtsverkehr handelt. § 312 g Abs. 5 S. 1 BGB a. F. (= § 312 j Abs. 5 BGB n. F.) erklärt die besonderen Gestaltungsbedingungen für nicht anwendbar, wenn der Vertrag ausschließlich mittels individueller Kommunikation zustande gekommen ist. Mit dieser vorgelagerten Frage hat sich das AG Köln nicht beschäftigt.

II. Die Entscheidung

Der Entscheidung des AG Köln lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger vertreibt einen monatlich erscheinenden Zwangsversteigerungskalender. Interessenten können auf Internetplattformen ihre Kontaktdaten hinterlassen und werden dann angerufen. Dies geschah auch im vorliegenden Fall, der Beklagte erklärte sein Interesse an dem Kalender und erhielt daraufhin eine E-Mail mit einem verbindlichen Angebot für ein 12-Monats-Abonnement. Darin wurde er aufgefordert, „Zum Bestellen und Kaufen nur noch eine Bestellmail“ zu schicken, indem er auf einen darauf folgenden Link klicken sollte; darunter befand sich ein Link zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Der Beklagte klickt auf den Link und erhielt vereinbarungsgemäß den Kalender als pdf-Dokument zugesandt, ebenso die Rechnung über 132 Euro. In der mündlichen Verhandlung blieb der Beklagte säumig, die Klage wurde als unschlüssig abgewiesen.

Die Begründung ist vielschichtig. Zunächst seien die Voraussetzungen des § 312 g Abs. 3 BGB a. F. nicht erfüllt. Dessen Wortlaut „zahlungspflichtig bestellen“ ließe eindeutig erkennen, dass andere Formulierungen mindestens das gleiche Gewicht haben müssten. Insbesondere müsse das Element „zahlungspflichtig“ enthalten sein, sonst sei der Verbraucher nicht hinreichend gewarnt. Aber auch das Element des „Bestellens“ als Ausdruck des Rechtsbindungswillens sei erforderlich. Fehle eines dieser beiden Elemente, sei die Pflicht aus § 312 g Abs. 3 BGB a. F. nicht erfüllt, mit der Folge, dass nach § 312 d Abs. 4 BGB a. F. ein Vertrag nicht zustande gekommen sei. Vorliegend habe die Klägerin „Bestellen und Kaufen“ miteinander verknüpft. Dem Wort „Kaufen“ könne im Zusammenhang mit „Bestellen“ kein Bindungscharakter mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden. Die Verknüpfung „und“ stelle „Kaufen“ und „Bestellen“ gleich, so dass das „Kaufen“ nur noch die Art der Erklärung beschreibe. Das Wort „Bestellen“ alleine sei aber nicht für eine verbindliche Erklärung geeignet. Auch das Wort „Kaufen“ alleine sei nicht ausreichend, § 312 g Abs. 3 BGB a. F. zu erfüllen, da es nicht zwingend mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden sei; genauso gut komme ein Kauf auf Probe in Betracht. Die Begründung der Bundesregierung (die „Kaufen“ explizit als zulässige Möglichkeit vorsieht11) sei irrelevant, da sie nicht mit dem Willen des Gesetzgebers gleichzusetzen sei.

Das Gericht führte ergänzend aus, dass ein Zahlungsanspruch aber auch dann nicht bestehe, wenn man den Hinweis genügen ließe. Der Beklagte habe einen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch, da die Klägerin falsch über das Widerrufsrecht informiert habe. Das Widerrufsrecht sei zwar ausgeschlossen, allerdings falle der Kalender der Klägerin nicht unter § 312 d Abs. 4 Nr. 3 BGB a. F. (Zeitungen, Zeitschriften, Illustrierte – darüber wurde belehrt), sondern unter § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB a. F., da dem Beklagten ein pdf zugeschickt worden war. Hätte die Klägerin den Beklagten richtig aufgeklärt, hätte er sich jedoch nicht die pdf-Version, sondern die Printversion zukommen lassen, in diesem Fall hätte ein Widerrufsrecht bestanden, von dem er hätte Gebrauch machen können. Damit sei der Beklagte nach § 249 BGB so zu stellen, wie er sich bei vollständiger Information vernünftiger Weise verhalten hätte.

III. Praxisfolgen

Das Urteil ist in dieser Form kaum vertretbar. Voraussetzung für die Anwendung der „Button-Lösung“ ist wegen § 312 g Abs. 5 S. 1 BGB a. F. (= § 312 j Abs. 5 S. 1 BGB n. F.) zunächst, dass es sich nicht um einen Vertrag handelt, der ausschließlich durch individuelle Kommunikation geschlossen wird. Dieses Merkmal ist vorliegend allerdings erfüllt. Die Parteien haben zunächst telefoniert, dann wurde dem Beklagten eine E-Mail geschickt. Bei diesen beiden Formen der Kommunikation handelt es sich um individuelle Kommunikation,12 da sie nicht an eine Vielzahl von unbestimmten Personen gerichtet ist, sondern sich auf konkret bestimmte Personen in einem Zweierverhältnis bezieht. Der Vertrag kam entweder durch Antworten auf die E-Mail oder durch Anklicken eines Hyperlinks in der E-Mail zustande. Beide Fälle sind Teil der individuellen Kommunikation. Abgrenzungsmaßstab zur Individualkommunikation ist die Massenkommunikation, in deren Rahmen Informationen einer Vielzahl von (unbekannten) Dritten zur Verfügung gestellt werden, die im Rahmen von Massengeschäften durch Anklicken eines Buttons Vertragsverhältnisse eingehen können. So liegt der Fall bei einer Kommunikation über E-Mail nicht. Die Vertragsparteien sind konkret bestimmt. Solange der Vertrag im Rahmen des E-Mail-Verkehrs zustanden kommt (ganz gleich, ob durch Antworten auf die Angebots-E-Mail oder durch Anklicken eines Hyperlinks in der E-Mail ohne weitere Schritte) und nicht anderswo eine Erklärung abgegeben werden muss (z. B. Hyperlink in einer E-Mail auf eine Internetseite, auf der dann noch einmal ein Button angeklickt werden muss), bleibt es bei der individuellen Gestaltung der Vertragsbeziehung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass auf die AGB der Klägerin verlinkt wurde. Diese mögen zwar vertragsrelevant sein, stellen aber keine zwingenden Vertragsbestandteile dar und das Anklicken des Links ist für den Vertragsschluss und dessen Wirksamkeit nicht erforderlich. Durch den Link auf die AGB wird die Ebene der individuellen Kommunikation nicht verlassen. Bei Vertragsabschlüssen via E-Mail ist zudem die situationstypische geringere Aufmerksamkeit des Verbrauchers nicht gegeben, anders (angeblich) als beim Surfen im Internet. Der Hyperlink in der E-Mail der Klägerin musste folglich nicht nach den Vorgaben von § 312 g Abs. 3 BGB a. F. beschriftet werden.

Auch die hilfsweise Argumentation des Gerichts trägt nicht. Zwar mag dem Gericht noch darin gefolgt werden, dass ein Button, der mit den Worten „Bestellen und Kaufen“ versehen ist, nicht den Vorgaben von § 312 g Abs. 3 BGB a. F. (= § 312 j Abs. 3 BGB n. F.) genügt, da dessen Wortlaut eindeutig vorgibt, dass die Schaltfläche mit nichts anderem als „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet sein darf. Anders als „Kaufen“ erfüllt das Wort „Bestellen“13 diese Anforderungen nicht, so dass die Kombination aus beidem eben mehr ist, als das Gesetz vorsieht, und damit möglicherweise unzulässig. Das Gericht lässt sich aber– ohne erkennbare Notwendigkeit – zu dem obiter dictum hinreißen, dass auch das Wort „Kaufen“ nicht geeignet sei, § 312 g Abs. 3 BGB a. F. (= § 312 j Abs. 3 BGB n. F.) zu genügen.14 Diese Auffassung verkennt den Hintergrund der „Button-Lösung“. Einem Verbraucher soll mit Anklicken einer Schaltfläche deutlich werden, dass er verbindlich und kostenpflichtig einen Vertrag eingeht. Es ist gerade im Sinne der Rechtsklarheit, wenn für die Bezeichnung des Buttons solche Begriffe gewählt werden, die im üblichen Sprachgebrauch für die jeweilige Form des Rechtsgeschäfts auch gewählt werden.15 Der Verbraucher im Ladengeschäft wird vermutlich irritiert sein, wenn er an der Kasse gefragt wird, ob er den gerade hingelegten Kalender zahlungspflichtig bestellen wolle. Sofern damit keine dauerhafte Verpflichtung verbunden ist, die der Verbraucher kündigen muss, ist es auch unerheblich, ob es sich um eine wiederkehrende Leistung handelt, solange der (einmalige) Gesamtpreis genannt ist.

Auch die hilfsweisen Ausführungen zum Widerrufsrecht sind unglücklich. Das Gericht stellt darauf ab, dass die Widerrufsbelehrung falsch sei, weil die Lieferung des Kalenders als pdf-Datei nicht unter die Ausnahme des § 312 d Abs. 4 Nr. 3 BGB a. F., sondern unter § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB a. F. falle (nach neuer Rechtslage würde der Tatbestand von § 356 Abs. 5 BGB erfasst16). Gemäß Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB a. F. war ein Unternehmer verpflichtet, auch über das Nichtbestehen des Widerrufsrechts (richtig) zu belehren. Wird ein Grund für das Nichtbestehen eines Widerrufsrechts genannt, der auf den jeweiligen Vertrag keine Anwendung findet, aber der richtige Ausschlussgrund nicht genannt, so besteht ein Widerrufsrecht. Der Rückgriff auf Schadensersatz wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung (c.i.c.) wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen wäre. Aber auch dies ist nicht der Fall gewesen, weil die vorvertragliche Belehrung schon nicht den Anforderungen von Art. 246 § 1 EGBGB a. F. genügte. Wird die Widerrufsbelehrung in den AGB verankert, so musste diese nach altem Recht wegen Art. 246 § 2 Abs. 3 S. 2 EGBGB a. F. in einer „hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form“ abgedruckt sein. Feststellungen dazu fehlen im Urteil. Zudem ist ein Hyperlink auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (Vertragsbestandteil) bei einem Angebot per E-Mail keine „dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechende Weise klare und verständliche“ Information über das Widerrufsrecht (gesetzliche Pflichtinformation). Schließlich fehlen jegliche Feststellungen dazu, ob dem Beklagten die Widerrufsbelehrung nach Vertragsschluss in Textform zur Verfügung gestellt wurde (nach § 355 Abs. 2 BGB a. F. relevant für den Beginn der Widerrufsfrist). Insgesamt ist damit davon auszugehen, dass das Widerrufsrecht im Zeitpunkt der Entscheidung fortbestand. Dieses Gestaltungsrecht hätte freilich (wie die Aufrechnung mit Ansprüchen aus c.i.c. auch) ausgeübt werden müssen. In seiner Entscheidung ersetzt das Gericht diese Gestaltungserklärungen mit Vermutungen, was auch mit Blick auf die zitierte Rechtsprechung des BGH17 nicht zulässig ist.

Die Entscheidung zeigt, dass das Schuldrecht Allgemeiner Teil eine schwierige Materie ist. Die Regelungen des Gesetzgebers im Fernabsatzrecht waren und sind komplex und durchzogen von Detailfragen, die die Beurteilung im Einzelfall nicht einfach gestalten.

 

 

1    Vgl. Buchmann, K&R 2012, Editorial Heft 7/8 „Jus est“; Ernst, VuR 2012, Editorial Heft 6.

2    Nunmehr geschehen durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, BGBl. 2013 Teil I, Nr. 58 vom 27. 9. 2013.

3    Buchmann/Majer/Hertfelder/Vögelein, NJW 2009, 3189 ff.

4    Buchmann/Majer, K&R 2010, 635, 636 f.; Buchmann, K&R 2010, 533, 535; Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 38 f.; Föhlisch, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, 2013, 13.4, Rn. 170 b.

5    Vgl. Müller, K&R 2012, 791, 792.

6    BGH, 5. 3. 2014 – 2 StR 616/12, K&R 2014, 579 ff.

7    Vgl. dazu Tamm, VuR 2012, 217, 221; Leier, CR 2012, 378, 379 f.; Buchmann/Majer, K&R 2010, 635 ff.; Blasek, GRUR 2010, 396 ff.; Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36 ff.

8    Siehe nur http://www.shopbetreiber-blog.de/2014/09/03/kaufen-buttonloesung-unzureichend/.

9    Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr und zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes v. 10. 5. 2012 – BGBl. Teil I 2012 Nr. 21, 16. 5. 2012, S. 1084.

10  Kritisch Buchmann, K&R 2013, 817 f.; a.A. Leier, CR 2012, 278, 284.

11  BT-Drucks. 17/7745, S. 12.

12  BT-Drucks. 17/7745, S. 12; Grüneberg, in: Palandt, 73. Aufl. 2014, § 312 i n. F., Rn. 9.

13  Vgl. etwa OLG Hamm, 19. 11. 2013 – 4 U 65/13 „Bestellung abschicken“; ausdrücklich BT-Drucks. 17/7745, S. 12.

14  Dies entgegen der Erkenntnis, dass sich der Begriff „Kaufen“ mittlerweile durchgesetzt hat, vgl. die Studie von eResult zur Usability von Online-Shops, September 2012.

15  Buchmann, K&R 2013, 817, 818.

16  Dazu ausführlich Buchmann, K&R 2014, 621, 624.

17  BGH, 8. 5. 2012 – XI ZR 262/10.

Autoren

Prof. Dr. Felix Buchmann

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