Kommunikation & Recht (K&R) 2016, 462: Erleichterte Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen (gemeinsam mit Dr. Anna-Lena Hoffmann)

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Seit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie am 13. 6. 2014 in die verschiedenen nationalen Gesetze zeigt sich, dass das neue Verbraucherschutzrecht keineswegs vollkommen ist. Zwar hat die Verbraucherrechterichtlinie an verschiedenen Stellen Verbesserungen gebracht – insbesondere die Vollharmonisierung[1] –, in der täglichen Praxis zeigen sich aber grundsätzliche konzeptionelle Schwächen. Der BGH z. B. hat (grundlegend) das Widerrufsrecht jüngst in einer Entscheidung als Reuerecht des Verbrauchers qualifiziert[2], dem folgen die Untergerichte[3] bereits. Der Normgeber hat das Widerrufsrecht hingegen ausdrücklich als Prüf- und Untersuchungsrecht ausgestaltet[4]; das ist etwas substanziell anderes. Grund zum Streit bieten – so könnte man fast meinen – sämtliche Regelungen, die Unternehmern Erleichterungen bringen sollen, so auch die Möglichkeit, in bestimmten Konstellationen weniger Pflichtinformationen nach Art. 246 a § 1 EGBGB zur Verfügung stellen zu müssen.

I. Hintergrund und Herleitung der erleichterten Informationspflichten bei begrenztem Raum oder begrenzter Zeit

1. Europarechtliche Vorgaben

Die Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen, deren Umfang und die Belehrung über sie sind seit ihrer Einführung beständig Gegenstand von Streitigkeiten. Die Verbraucherrechterichtlinie zeigte Erbarmen mit den Unternehmern, die aufgrund der Richtlinie mit einer Vielzahl neuer (und zum Teil ziemlich irrsinniger5) Informationspflichten belastet worden sind und wollte zumindest dort Erleichterungen schaffen, wo zu wenig Platz oder Zeit zur Verfügung steht, um die notwendigen Pflichtinformationen aus Art. 246 a § 1 EGBGB gemäß Art. 246 a § 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung zu stellen. Erwägungsgrund 36 der Verbraucherrechterichtlinie lautet: „Bei Fernabsatzverträgen sollten die Informationspflichten so angepasst werden, dass den technischen Beschränkungen, denen bestimmte Medien unterworfen sind, Rechnung getragen werden kann, wie zum Beispiel der beschränkten Anzahl der Zeichen auf bestimmten Displays von Mobiltelefonen oder dem Zeitrahmen für Werbespots im Fernsehen.“ Es handelt sich keineswegs um eine Sondervorschrift für den M-Commerce,6 sondern überall dort wo aufgrund des begrenzten Raums oder der begrenzten Zeit eine klare und verständliche Darstellung der Pflichtinformationen nicht möglich ist.

a) Umgesetzt wurde dieses Ziel in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie, dort heißt es: „Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen, die die in Art. 6 Abs. 1 Buchstaben a, b, e, h und o genannten wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Identität des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Widerrufsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge betreffen. Die anderen in Art. 6 Abs. 1 genannten Informationen hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise im Einklang mit Abs. 1 dieses Artikels zu erteilen.“ Der Verweis auf die Inhalte in Art. 6 Abs. 1 und die fünf Ziffern hätte eigentlich genügt. Fraglich ist, ob der Normgeber mit der Aufzählung im Nachgang zu diesem Verweis eine Einschränkung hinsichtlich der Inhalte vornehmen wollte oder diese lediglich inhaltlich zusammenfassen, ohne dass der inhaltlichen (Kurz-)Beschreibung eine besondere Bedeutung beizumessen ist. Auslegungsspielraum lässt insbesondere der Hinweis auf „das Widerrufsrecht“ zu, weil unklar ist, was damit gemeint ist. Man könnte aus dem Wortlaut darauf schließen, dass nur auf das Bestehen des Widerrufsrechts hingewiesen werden muss, nicht aber auf die „Bedingungen, Fristen und Verfahren […] sowie das Muster-Widerrufsformular“, wie es in Art. 6 Abs. 1 h) gefordert wird, auf den Art. 8 Abs. 4 unmittelbar zuvor (vollumfänglich) verweist. Genauso gut könnte man den Text so verstehen, dass zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen sind, die das Widerrufsrecht betreffen, und damit eben auch die Bedingungen, Fristen, Verfahren und Muster-Widerrufsformular. Der Wortlaut lässt beide Interpretationen zu.

Eine teleologische Auslegung des deutschen Rechts ergibt hinsichtlich des Umfangs, über den belehrt werden muss, dass mit den „Bedingungen, Fristen und Verfahren“ in Art. 246 a § 1 Abs. 2 EGBGB auch die Folgen des Widerrufs umfasst sein müssen, weil diese für den Verbraucher von ganz erheblicher Bedeutung sind.7 Das Widerrufsrecht ist das zentrale Recht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen. Daher muss ein Verbraucher über die Rechtsfolgen des Widerrufs belehrt werden. Für die Verbraucherrechterichtlinie kann nichts anderes gelten.8 Wenn also der Hinweis „Sie haben ein Widerrufsrecht“ nicht genügen sollte, muss vollständig über das Widerrufsrecht belehrt werden.

b) Eine systematische Auslegung mit Blick auf Erwägungsgrund 36 bringt hinsichtlich des Umfangs keine Klarheit. Dort wird unmittelbar nach dem Hinweis, dass bei Fernabsatzverträgen die Informationspflichten so angepasst werden sollen, dass den technischen Beschränkungen, denen bestimmte Medien unterworfen sind, Rechnung getragen wird, ausdrücklich auf die Rücksendekosten Bezug genommen, über die der Verbraucher informiert werden soll. Ob dies so zu verstehen ist, dass diese Belehrung über die Rücksendekosten auch dann erfolgen muss, wenn nur begrenzter Platz vorhanden ist, könnte nur aus der systematischen Nähe geschlossen werden. Inhaltlich ist dies keineswegs zwingend. Diese Pflicht zur Angabe der Rückversandkosten findet sich in Art. 6 Abs. 1 i), auf den Art. 8 Abs. 4 gerade nicht verweist. Aus einer systematischen Zusammenschau wird daher nicht deutlich, ob der einfache Hinweis auf ein Widerrufsrecht genügt.

c) Auch eine historische Auslegung führt vorliegend nicht weiter. Im ersten Entwurf der Verbraucherrechterichtlinie9 aus dem Jahr 2008 sollten laut Art. 11 Ziff. 3 bei begrenztem Raum bzw. begrenzter Zeit lediglich die wesentlichen Merkmale des Produkts und der Gesamtpreis genannt werden, ein Hinweis auf das Widerrufsrecht war überhaupt nicht vorgesehen.10 Auch der zugrundeliegende Erwägungsgrund 21 des Richtlinienentwurfs war deutlich kürzer gefasst als in der finalen Fassung und enthielt keine Ausführungen über die Kosten des Rückversands. Aus dieser Rückschau ergibt sich allerdings lediglich, dass es offensichtlich der Wille des Normgebers war, dass nunmehr über das Widerrufsrecht auch bei begrenztem Raum bzw. begrenzter Zeit informiert werden soll – über den Umfang der Belehrung sagt dies allerdings nichts aus.

d) Es verbleibt, Sinn und Zweck der Ausnahme in Art. 8 Abs. 4 der Verbraucherrechterichtlinie zu erforschen. Ziel der Vereinfachung für den Unternehmer war eine Reduzierung der Informationspflichten, weil zu wenig Platz bzw. Zeit für alle Pflichtinformationen zur Verfügung steht. Die Information über das Widerrufsrecht stellt die mit Abstand längste Pflichtinformation dar; die Rechtsprechung stellte sogar Anforderungen an die grafische Darstellung auf.11 Es würde vor dem Hintergrund des Ziels, bei begrenztem Platz bzw. begrenzter Zeit ausgerechnet die Pflichtinformation zu verkürzen, gar keinen Sinn machen, wenn ausgerechnet die längste Pflichtinformation vollständig wiedergegeben werden müsste. Eine teleologische Auslegung kann daher nur ergeben, dass in diesem Fall ein Hinweis auf das Widerrufrecht „Sie haben ein Widerrufsrecht“ genügen muss. Jeder weitere Hinweis auf die Dauer, die Frist, die Art der Ausübung, den Adressaten, die Folgen oder das Widerrufsformular ist entbehrlich. Vielmehr würde die Frage, ob einer dieser weiteren Punkte notwendig ist, immer zur weiteren Frage führen, warum ausgerechnet dieser Punkte wichtiger ist, als der andere, auf den verzichtet werden soll.

2. Umsetzung der Vorgaben im deutschen Recht

Der deutsche Gesetzgeber wollte diese Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie in Art. 246 a § 3 EGBGB umsetzen. Die Norm lautet: „Soll ein Fernabsatzvertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen werden, das nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit für die dem Verbraucher zu erteilenden Informationen bietet, ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher mittels dieses Fernkommunikationsmittels zumindest folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: 1. die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, 2. die Identität des Unternehmers, 3. den Gesamtpreis oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung, 4. gegebenenfalls das Bestehen eines Widerrufsrechts und 5. gegebenenfalls die Vertragslaufzeit und die Bedingungen für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses. Die weiteren Angaben nach § 1 hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise unter Beachtung von § 4 Abs. 3 zugänglich zu machen.“

Der Wortlaut von Art. 246 a § 3 S. 1 Nr. 4 EGBGB lässt erkennen, dass ein Verbraucher lediglich darüber informiert werden soll, dass ihm überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht, wenn Zeit und Platz mehr Informationen nicht zulassen; der Hinweis auf ein Widerrufsrecht genügt demnach. Auch eine systematische Zusammenschau mit Art. 246 a § 1 Abs. 2 EGBGB bestätigt dieses Ergebnis, da dort ausdrücklich andere und mehr Punkte zum Widerrufsrecht („Bedingungen, Fristen und Verfahren“) genannt werden. Der Gesetzgeber wollte dies offenbar auch so verstanden wissen, die Gesetzesbegründung spricht von „Kerninformationen“, die zur Verfügung gestellt werden sollen, wenn nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung steht.12 Die Vorschrift ist diesbezüglich auch richtlinienkonform.

II. Beschränkung der vorvertraglichen Informationspflicht?

Es bleib die Frage, ob der Unternehmer seine vorvertraglichen Informationspflichten vollständig erfüllt hat, wenn er die reduzierten Informationspflichten nach Art. 246 a § 3 S. 1 EGBGB erbringt. Dagegen sprechen könnte Art. 246 a § 3 S. 2 EGBGB, wonach der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise und unter Beachtung von Art. 246 a § 4 Abs. 3 EGBGB die weiteren Informationen nach Art. 246 a § 1 EGBGB zugänglich machen muss. Nach Art. 246 a § 4 Abs. 3 S. 2 EGBGB ist der Unternehmer berechtigt, „abweichend von S. 1 […] dem Verbraucher die in § 3 S. 2 genannten Informationen in geeigneter Weise zugänglich machen“, folglich nicht in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise. Dies ändert allerdings nichts daran, dass nach Art. 246 a § 4 Abs. 1 EGBGB die Pflichtinformationen nach den §§ 1 bis 3 vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers zur Verfügung gestellt werden müssen.

Die Beschränkung der Informationspflichten führt mithin lediglich zu einer Beschränkung für das konkret zum Abschluss des Fernabsatzvertrags verwendete Fernkommunikationsmittel und nicht zur Erleichterung des Informationsumfangs insgesamt. Dies entspricht wohl dem Willen des deutschen Gesetzgebers, der allerdings in der Gesetzesbegründung davon ausgeht, dass die weiteren Informationen in einer dem Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zugänglich gemacht werden sollen, wie z. B. über eine gebührenfreie Telefonnummer oder eine Hypertext-Link zu einer Webseite des Unternehmers. Dies ist freilich gerade nicht eine Information, die dem nur beschränkt Raum oder Zeit bietenden Fernkommunikationsmittel angepasst ist, vielmehr handelt es sich hier in der Belehrung um einen Medienbruch, der – wo möglich – zum Schutze des Verbrauchers gerade vermieden werden soll.13

Ob diese Vorstellung des deutschen Gesetzgebers mit der Verbraucherrechterichtlinie konform ist, ist zweifelhaft. Art. 8 Abs. 4 verlangt ausdrücklich, dass „vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen“ sind die in Art. 6 Abs. 1 a, b, e h und o genannt sind. Im Übrigen sollen die anderen Pflichtinformationen des Art. 6 Abs. 1 im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 der Verbraucherrechterichtlinie erfolgen. Dabei verzichtet der Wortlaut der Norm hier auf die zeitliche Einordnung „vor“. Folglich ist Art. 8 Abs. 4 der Verbraucherrechterichtlinie dahingehend zu verstehen, dass die in Art. 6 Abs. 1 a, b, e h und o genannten, reduzierten Informationen vor, die übrigen Informationen in geeigneter Weise nach Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden müssen. Der Verweis auf Art. 8 Abs. 1 führt systematisch zu keinem anderen Ergebnis. Dieser erwähnt seinerseits zwar ebenfalls die in Art. 6 Abs. 1 genannten Informationen, aber nur in Bezug auf die Pflichtinformationen selbst, nicht in Bezug auf den Zeitpunkt von deren Erteilung. Die Erteilung muss allerdings dann nicht in einer „den eingesetzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise“ (Plural!), sondern „entsprechend“ zur Verfügung gestellt werden, also eben nicht durch Verlinkung oder Verweis auf ein anderes Fernkommunikationsmittel vor Vertragsschluss, sondern nachvertraglich. Dies ergibt auch ein Blick auf die verkürzt dargestellten Informationen, denn diese müssen ja auch nicht woanders als in dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel noch einmal vor Vertragsschluss vollständig zur Verfügung gestellt werden. Davon geht weder der deutsche Gesetzgeber aus, noch die Verbraucherrechterichtlinie.

Dieses Ergebnis hält auch verbraucherschützenden Erwägungen Stand, wenn man weniger die Frage von Raum und Zeit, sondern eher die der Klarheit und Verständlichkeit für den Verbraucher betont. Die Pflichtinformationen dienen ja keinem Selbstzweck, sondern der Information eines Verbrauchers. Wenn sie einem Verbraucher mit dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel, das der Verbraucher für den Vertragsschluss gewählt hat, nicht verständlich gemacht werden können, müssen sie ihm auch nicht auf andere Art und Weise zur Verfügung gestellt werden. Denn der Verbraucher erhält vor Vertragsschluss die zentralen Informationen, nach Vertragsschluss bekommt er ausführliche Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt, also nicht flüchtig und für ihn jederzeit einsehbar. Diese vollständigen Informationen hätten vorvertraglich für den Verbraucher keinen Informationswert. Auch der Verweis auf ein anderes Fernkommunikationsmittel verbunden mit einem Medienbruch bringt keine Verbesserung für die Informationslage des Verbrauchers, weil er möglicherweise mit diesem Fernkommunikationsmittel keine Erfahrung hat oder keinen Zugang dazu, so dass ihn diese weiteren Informationen nicht erreichen.

Wird folglich ein Fernkommunikationsmittel eingesetzt, das nur beschränkten Raum oder beschränkte Zeit bietet, so sind vorvertraglich nur die reduzierten Pflichtinformationen zur Verfügung zu stellen. Art. 246 a § 4 Abs. 3 S. 3 EGBGB ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die weiteren Pflichtinformationen nach § 3 S. 2 nachvertraglich in geeigneter Weise zur Verfügung gestellt werden können.

III. Praktisch kein Anwendungsbereich der Norm

1. Begrenzter Raum

Da ein Fernabsatzvertrag im Wege der Nutzung vielfältiger Kommunikationsmittel abgeschlossen werden kann – schon der Beispielkatalog in § 312 c Abs. 2 BGB sieht Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, SMS, sowie Rundfunk und Telemedien vor –, kann die Erfüllung der Informationspflichten je nach verwendetem Medium problematisch sein. In Art. 246 a § 3 EGBGB wird nicht definiert, welche Kommunikationsmittel einer räumlichen oder zeitlichen Begrenzung unterliegen. Nach Erwägungsgrund 36 der Verbraucherrechterichtlinie „sollten die Informationspflichten so angepasst werden, dass den technischen Beschränkungen, denen bestimmte Medien unterworfen sind, Rechnung getragen werden kann, wie zum Beispiel der beschränkten Anzahl der Zeichen auf bestimmten Displays von Mobiltelefonen oder dem Zeitrahmen für Werbespots im Fernsehen“.

Die Vorschrift zeigt für den Anwendungsbereich im besonderen Maße, dass die Verbraucherrechterichtlinie bereits bei Inkrafttreten technisch überholt war. Die Ausnahme soll gelten, wenn z. B. die „Anzahl der Zeichen auf bestimmten Displays von Mobiltelefonen“ begrenzt ist. Gemeint ist damit der Vertragsschluss per SMS, ein anderer Anwendungsbereich kommt praktisch nicht in Betracht.14 Mobiltelefone, also tragbare Telefone, die nach dem GSM-Standard funktionieren und zumeist nur ein Betriebssystem haben, werden heute nahezu nicht mehr verwendet, sondern Smartphones. Smartphones besitzen umfangreiche Computerfunktionalitäten, haben häufig einen berührungsempfindlichen Bildschirm und können sowohl Standard-Webseiten als auch mobil optimierte Webseiten darstellen. Durch die jederzeit mögliche Verwendung von sprechenden Links15 ist die Darstellung nicht mehr auf eine bestimmte Anzahl von Zeichen begrenzt. Seit 2008, als die Europäische Kommission ihren Vorschlag für die VRRL vorlegte, haben sich die Kommunikationsmedien erheblich weiterentwickelt. Die Praxisferne der neuen Vorschrift zeigt sich darin, dass sich heute Mobiltelefone und Smartphones, selbst Smartphones untereinander derart voneinander unterscheiden, dass nicht pauschal davon gesprochen werden kann, dass die Darstellung der Informationen nur „begrenzten Raum“ bietet. Woher ein Unternehmer allerdings wissen soll, ob der Endkunde ein modernes Tablet oder ein älteres Smartphone oder gar Mobiltelefon verwendet, bleibt dem Unternehmer regelmäßig vor Vertragsschluss unbekannt.16

Die ungenaue Regelung führt zwangsläufig dazu, dass sie – als Ausnahmeregelung ohnehin – einschränkend auszulegen ist, und nur Anwendung findet, wenn begrenzter Raum aufgrund des Fernkommunikationsmittels zwingend vorgegeben ist17, wie z. B. bei Vertragsschlüssen per SMS, obwohl der Begriff der „technischen Beschränkung“ seinen Weg weder in Art. 8 Abs. 4 der VRRL noch in Art. 246 a § 3 EGBGB gefunden hat, so dass vom Wortlaut auch Printmedien unter den Wortlaut fallen. Lediglich eine historische Betrachtung zeigt, dass die Richtlinie auf digitale Medien abstellen sollte, im ersten Entwurf lautete es noch: „Wird der Vertrag mittels eines Datenträgers geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Gewerbetreibende auf dem jeweiligen Datenträger vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen Informationen zu erteilen, die die in Art. 5 Abs. 1 Buchstaben a und c genannten wesentlichen Merkmale des Produkts und den Gesamtpreis betreffen. Die anderen in den Artikeln 5 und 7 genannten Informationen hat der Gewerbetreibende dem Verbraucher in geeigneter Weise im Einklang mit Abs. 1 zu erteilen.“18

Eine räumliche Beschränkung könnte zwar dem Wortlaut nach grundsätzlich auch für Flugblätter (Flyer), Broschüren oder Werbeprospekte bestehen. Allerdings besteht die Beschränkung im zur Verfügung stehenden Raum hier nicht wegen der fehlenden Möglichkeit, alle Pflichtinformationen darzustellen, sondern weil Layout und Grafik bzw. Umfang ein Abdrucken der vollständigen Informationen nicht zulassen. Damit sind diese Werbemaßnahmen nicht bestimmten Beschränkungen „unterworfen“, sondern diese Beschränkungen werden willkürlich durch die Gestaltung des Werbemediums herbeigeführt.19 Diese Konstellation ist von der Richtlinie nicht umfasst.

2. Begrenzte Zeit

Eine Legaldefinition dafür, was „begrenzte Zeit“ im Sinne des Ausnahmetatbestands sein soll, gibt es nicht. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie verweist als Beispiel lediglich auf den Zeitrahmen von Werbespots im Fernsehen. Beim Teleshopping kann eine Bestellung allerdings nur per Telefon, Fax, Onlineshop oder E-Mail veranlasst werden. Greift der Verbraucher zum Telefon, schreibt eine E-Mail oder besucht er den Onlineshop, setzt er mit diesem Medium einen eigenständigen fernabsatzrechtlichen Vorgang in Gang, der unabhängig von der vorangegangenen Werbung zu beurteilen ist; das Fernkommunikationsmittel zum Vertragsabschluss ist nicht das Fernsehen, sondern lediglich Mittel der Werbung. In der Werbung muss aber richtiger Weise nach einhelliger Ansicht nicht über die Pflichtinformationen nach Art. 246 a § 1 EGBGB informiert werden. Einzig bei einer Bestellung über das Fernkommunikationsmittel Fax könnte darüber nachgedacht werden, ob alle Pflichtinformationen bereits in der Fernsehwerbung für den Verbraucher eingeblendet werden müssen, weil hier vor Vertragsschluss keine weiteren Informationen zur Verfügung gestellt werden können. Gleiches mag für eine Radiowerbung gelten. Die Bestellung per Fax ist im privaten Bereich faktisch überholt, die Frage ist damit praktisch ohne jede Relevanz.

Dies würde aber voraussetzen, dass es sich bei Teleshopping um ein Fernkommunikationsmittel handelt, das nur begrenzt zeitlichen Raum bietet. Objektiv betrachtet unterliegen Fernseh- oder Radiowerbung keinen technischen Beschränkungen in zeitlicher Hinsicht.20 Es liegt stets eine redaktionelle gestalterische Entscheidung zu Grunde, wie lange eine Werbung gezeigt bzw. gespielt wird. Es ist während einer Fernseh- oder Radiowerbung durchaus möglich, dem Verbraucher in klarer und verständlicher Sprache Informationen zur Verfügung zu stellen. Die visuelle oder akustische Wiedergabe der Pflichtinformationen könnte ohne weiteres zeitlich so lange dargestellt werden, bis ein durchschnittlicher Verbraucher sie vollständig zur Kenntnis genommen hat. Ähnliches ist Verbrauchern aus der Arzneimittelwerbung bereits bekannt, indem der Hinweis „zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ ertönt und eingeblendet wird.

Auch ein Verweis auf eine zeitliche Begrenzung bei Telefongesprächen21 geht fehl. Telefongespräche sind faktisch zeitlich nicht begrenzt. Selbst der europäische Gesetzgeber schlägt in Erwägungsgrund 36 der Richtlinie vor, dass, im Falle des Vorliegens von begrenztem Raum oder begrenzter Zeit, der „Verbraucher an eine andere Informationsquelle, beispielsweise durch Angabe einer gebührenfreien Telefonnummer (…)“ verwiesen werden soll. Es ist somit objektiv stets möglich, einem Verbraucher auch über diese Kommunikationswege die Informationen in einer „angepassten, klaren und verständlichen Weise“ zur Verfügung zu stellen. Ein Fernkommunikationsmittel, dem eine zeitliche Begrenzung immanent ist, gibt es nicht. Ein Abstellen ausschließlich auf eine objektive zeitliche Begrenzung führt den Anwendungsbereich der Norm ad absurdum.

3. Zwischenergebnis

Im Ergebnis bleibt folglich festzuhalten, dass die Vorgaben in der Richtlinie keinen technischen Anwendungsbereich mehr haben und inhaltlich, was das Widerrufsrecht angeht, auch keine Erleichterung bringen, da auch vorvertraglich vollständig über das Widerrufsrecht belehrt werden muss. Das eigentlich beabsichtigte Ziel der Regelung wurde damit vollständig verfehlt.

IV. Entscheidung des OLG Düsseldorf

1. Sachverhalt und Begründung

Entscheidungen zu dieser Ausnahmeregelung sind bislang praktisch nicht bekannt geworden. Jüngst hatte das OLG Düsseldorf22 einen solchen Fall zu entscheiden. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Versandhandelsunternehmen legte verschiedenen Zeitungen einen sechsseitigen Werbeprospekt mit Bestellkarte bei. Auf der Bestellkarte erhielt der Verbraucher die Information, dass das gesetzliche Widerrufsrecht bestehe. Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts und auch das Musterwiderrufsformular waren nicht enthalten und es fehlten Namen und Anschrift desjenigen, dem gegenüber der Widerruf zu erklären war.

Das Gericht nahm einen Verstoß gegen § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 1 und 3 EGBGB an. Für den Werbeprospekt gelte der Ausnahmetatbestand des Art. 246a § 3 EGBGB nicht. Hiervon seien nur solche Fernkommunikationsmittel erfasst, bei denen „wegen ihrer räumlich oder zeitlich begrenzten Darstellungsmöglichkeit die vollständigen Pflichtinformationen nicht gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 und 3 EGBGB in einer diesem Fernkommunikationsmittel angepassten, klaren und verständlichen Weise zur Verfügung gestellt werden können“. Dies sei objektiv zu bestimmen. Maßgeblich sei nicht die „konkrete Gestaltung des Fernkommunikationsmittels durch den Unternehmer“, sondern welche „technischen und tatsächlichen Möglichkeiten“ das Kommunikationsmedium zur Informationserteilung biete. Eine Beschränkung könne sich auch daraus ergeben, dass der Verbraucher beim verwendeten Medium nicht in der Lage sei, sämtliche Pflichtinformationen sachgerecht zur Kenntnis zu nehmen. Beispielhaft wird ausgeführt, bei der Erteilung sämtlicher Pflichtinformationen am Telefon oder in Fernseh- und Radiowerbespots sei der Verbraucher aufgrund des erheblichen Umfangs regelmäßig nicht in der Lage, die Informationen vollständig aufzunehmen oder die kurzzeitige visuelle Einblendung oder akustische Mitteilung zu reflektieren. Derartige zeitliche oder räumliche Begrenzungen der Fernkommunikationsmittel seien den jeweiligen Medien immanent und bestünden unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung und Einsatzdauer. Ein mehrseitiger Werbeprospekt biete demnach unbegrenzt Raum und Zeit, um die Pflichtinformationen zugänglich zu machen.

2. Einordnung der Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf nimmt in seiner Entscheidung – durchaus streitbar – zu verschiedenen Punkten Stellung. Zunächst zutreffend ist die Einschätzung, dass die Gestaltung der Werbung in dem zu entscheidenden Fall dazu führt, dass über das Widerrufsrecht zu belehren und die Ausnahme des Art2.. 246 a § 3 EGBGB nicht einschlägig war. Ein Unternehmer darf keine Kosten und Mühen sparen, die Werbebeilage eben größer zu machen, wenn er dort eine Bestellmöglichkeit vorsieht.

Da es zwischen Werbung und Bestellung allerdings häufig zu einem (gewollten) Medienbruch kommt, bleibt die Frage, ob hinsichtlich der Anwendung von Art. 246 § 3 EGBGB auf das Kommunikationsmittel abzustellen ist, mit dem der Vertrag geschlossen wird, oder auch auf das Kommunikationsmittel, das die der Bestellung vorhergehende Werbung enthält. Dies würde dazu führen, dass über z. B. über das Widerrufsrecht in dieser Werbung auch zu informieren wäre.

Gibt der Unternehmer beispielsweise im Fall des OLG Düsseldorf z.B. seines tatt Bestellformulars nur eine telefonische Bestellhotline an, wo der Verbraucher die im Prospekt beworbenen Waren bestellen kann, ist die Frage berechtigt, ob nicht die vorvertraglichen Pflichtinformationen in der Broschüre enthalten sein müssen. Wenn man mit dem OLG Düsseldorf nämlich davon ausgeht, dass die Pflichtinformationen telefonisch nicht klar und verständlich zur Verfügung gestellt werden können, weil ein Verbraucher gar nicht in der Lage ist, diese Informationen am Telefon gedanklich aufzunehmen, dann würde sich daraus eine ganz widersinnige Folge ergeben: Wird einem Verbraucher statt eines Bestellformulars im Werbeprospekt (dort kann er sich bildlich alles vor Augen führen, was er bestellt und was es kostet) nur eine telefonische Bestellmöglichkeit zur Verfügung gestellt (dort ist die Bestellung für ihn flüchtig) müsste der Unternehmer in der Werbung im Prospekt weniger Pflichtinformationen zur Verfügung stellen, obwohl das Informationsdefizit des Verbrauchers bei der Bestellung über das Telefon größer ist. . Allerdings ignoriert das OLG Düsseldorf die Tatsache, dass Erwägungsgrund 36 der Richtlinie vorschlägt, bei Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes alle weiteren Pflichtinformationen über eine gebührenfreie Telefonnummer zur Verfügung zu stellen. Der europäische Normgeber geht folglich davon aus, ein Verbraucher könne sehr wohl eine Fülle an Informationen akustisch aufnehmen und verarbeiten. Eine andere Ansicht wäre für den Distanzhandel auch unerträglich, weil dann in jeder Werbung unter Angabe einer Telefonnummer die Pflichtinformationen aus Art. 246a § 1 EGBGB zur Verfügung gestellt werden müssten. Das war weder gewollt noch ist es wünschenswert.

3. Zwischenergebnis

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist inhaltlich richtig. Sie zeigt aber in aller Deutlichkeit die Schwächen des geltenden Rechts. Art. 246 a § 3 EGBGB hat faktisch keinen Anwendungsbereich. Die Verbraucherrechterichtlinie war schon mit ihrem Inkrafttreten technisch überholt. Die ohnehin mit Blick auf das überbordende Widerrufsrecht notwendige Überarbeitung des Fernabsatzrechts muss Wege finden, mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Besonders detaillierte Regelungen helfen dabei vermutlich nicht.

Wenn die Entscheidung vom BGH aufrechterhalten wird, wird dies zwangsläufig dazu führen, dass Printbroschüren künftig keine unmittelbare Bestellmöglichkeit mehr haben werden, schon um im Einzelfall das Risiko zu vermeiden, dass Pflichtinformationen nach Art. 246 a § 1 EGBGB fehlen. Ob mit der Verkürzung von Angeboten dem Verbraucherschutz gedient ist, ist eine andere Frage.

Der Anwendungsbereich von Art. 246 a § 3 EGBGB ist als Ausnahmetatbestand eng auszulegen und umfasst jedenfalls keine ausfaltbaren Printmedien. Besonders vor dem Hintergrund, dass die Zielgruppe von Werbeprospekten eine solche ist, die sich mit den technischen Neurungen nicht zwangsläufig auskennt und mit der Ausübung des Widerrufsrecht nicht vertraut sein muss, ist der wohlverstandene Verbraucherschutz an dieser Stelle wichtig. Wer heutzutage noch über ein Bestellformular postalisch eine Bestellung auslöst, wird in der Regel das Internet nicht nutzen und damit auch nicht einen Link in seinen Browser eingeben, nur um sich Informationen zum Widerrufsrecht und weitere Informationen vor der Bestellung anzusehen.

V. De lege ferenda: Kurze vorvertragliche Belehrung über das Widerrufsrecht bei Warenkäufen?

Die Diskussion über die vorvertraglichen Pflichtinformationen führt insbesondere zu einer zentralen Frage, nämlich ob die ausführliche vorvertragliche Belehrung über das Widerrufsrecht künftig tatsächlich erforderlich ist. Die Widerrufsbelehrung nimmt mit Abstand den meisten Raum ein und ist für einen Verbraucher nur sinnvoll, wenn er sie vor Abgabe seiner Willenserklärung vollständig durchliest. Es ist mehr als fraglich, ob ein Verbraucher vorvertraglich mit der Widerrufsbelehrung überhaupt etwas anfangen kann, da sie aufgrund ihrer Länge und komplexen Formulierung kaum geeignet ist, einen Durchschnittsverbraucher vor Abgabe von dessen Willenserklärung – also zu einem Zeitpunkt, zu dem er sich inhaltlich mit einer Ware beschäftigt und nicht mit umfänglichen juristischen Details – brauchbar zu informieren. Vielmehr scheint es so, dass die Pflicht über die vorvertragliche Belehrung über das Widerrufsrecht lediglich Schauplatz lauterkeitsrechtlicher Auseinandersetzungen ist.

1. Betonung des Widerrufsrechts als Prüfrecht

Vor diesem Hintergrund ist zu überlegen, ob nicht die vorvertragliche Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht künftig deutlich gekürzt werden muss. Es genügt einem Verbraucher bei Abschluss des Kaufvertrags zu wissen, dass ihm ein 14-tägiges Widerrufsrecht zusteht, wenn er die Ware erhalten hat. Gegebenenfalls wäre zu erwägen, ob er darauf hinzuweisen ist, dass er Rückversandkosten bezahlen muss, wenn der Unternehmer sich nicht bereit erklärt hat, diese zu übernehmen. Alle weiteren Details (Beginn, Ausübung, Adressat, Wertersatz, Rückzahlungsmodalitäten, Widerrufsformular) sollten der Warensendung so beigefügt sein, dass der Verbraucher sie beim Öffnen der Sendung erkennt und wahrnimmt. Denn erst jetzt hat er Gelegenheit, die Ware zu prüfen und wird sich überlegen, ob er sie behalten oder zurücksenden will. Diese Informationen werden folglich auch erst jetzt für den Verbraucher relevant. Vorvertraglich sind sie für den Verbraucher wertlos; selbst unterstellt, er würde sich vor dem Kauf die Widerrufsbelehrung vollständig durchlesen und diese verstehen (kumuliert dürfte dies faktisch nie der Fall sein), so hätte er diese Informationen bei Lieferung der Ware längst vergessen. Die vollständige vorvertragliche Information wie in der Musterwiderrufsbelehrung ist mithin sinnlos. Ebenso wenig macht es Sinn, dem Verbraucher (in der Regel unmittelbar) nach Vertragsschluss die Pflichtinformationen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen (also z. B. per E-Mail). Dem Verbraucherschutz wird dies nicht gerecht, weil die wichtigen Informationen für den Verbraucher zeitlich und räumlich getrennt mit der Ware zur Verfügung gestellt werden. Nach dem Prüfen der Ware müsste der Verbraucher dann seinen Computer starten, nach der E-Mail des Unternehmers suchen (die er möglicherweise schon eine ganze Weile zuvor erhalten hat). Eine kurze vorvertragliche Belehrung über das Widerrufsrecht und eine ausführliche Belehrung mit Lieferung der Ware würde im Übrigen die Rolle des Widerrufsrechts als Prüfrecht betonen, statt als Reuerecht.

2. Möglicher Inhalt einer verkürzten Widerrufsbelehrung bei Warenkäufen

Vorvertraglich ist für den Verbraucher nur relevant, dass er ein Widerrufsrecht hat, wenn er die Ware bestellt. Beruhigen mag ihn der Hinweis, dass das Widerrufsrecht 14 Tage beträgt und erst nach der Lieferung der Ware beginnt. Alle weiteren Informationen benötigt er erst, wenn er die Ware geprüft hat und sich dazu entscheidet, sie an den Unternehmer zurück zu schicken. Genügen würde vorvertraglich hinsichtlich des Widerrufsrechts folglich der Satz: „Nach Erhalt der Ware haben Sie ein 14-tägiges Widerrufsrecht“.

Zudem muss ein Verbraucher darüber informiert werden, dass ihn Kosten treffen können, wenn er seine Vertragserklärung widerruft. Bietet der Unternehmer an, die Rückversandkosten zu übernehmen, muss ein Verbraucher zu Gunsten der Kürze der Belehrung darüber nicht informiert werden. Bietet der Unternehmer dies nicht an und muss – entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 357 Abs. 6 S. 1 BGB – der Verbraucher die Rücksendekosten tragen, so muss er vorvertraglich darauf hingewiesen werden, weil dies seine Kaufentscheidung mit beeinflussen könnte. Die vorvertragliche Belehrung würde folglich lauten: „Nach Erhalt der Ware haben Sie ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Sie tragen die Kosten der Rücksendung der Ware.“

Mehr bedarf es vorvertraglich nicht. Mit diesem Lösungsansatz würden Fragestellungen wie in Art. 246 a § 3 EGBGB bezüglich der längsten Pflichtinformation vereinfacht und sinnlose Textpassagen in Katalogen und Werbeflyern vermieden.

VI. Fazit

De lege lata sind praktisch keine Konstellationen denkbar, in denen eine verkürzte Belehrung über das Widerrufsrecht in Betracht kommt. Erforderlich ist, dass aufgrund des gewählten Fernkommunikationsmittels Raum oder Zeit nicht ausreichen, um klar und verständlich über das Widerrufsrecht zu belehren. Regelmäßig wird aber die Gestaltung der Werbung zu dieser Einschränkung führen, nicht das Fernkommunikationsmittel selbst.

Die Technik und der Wissensstand des Durchschnittsverbrauchers hinsichtlich seiner Rechte ändern sich beständig. Die geltenden Regelungen sind antiquiert und nicht einmal ansatzweise geeignet, für die heute vorhandenen technischen Möglichkeiten eine sinnvolle Grundlage zu bilden. Darüber hinaus ist der Durchschnittsverbraucher mittlerweile mit dem Widerrufsrecht vertraut. Zudem ist eine ausführliche vorvertragliche Belehrung über das Widerrufsrecht nicht nur umständlich, sondern für den Verbraucherschutz auch unbrauchbar. Es bedarf daher dringend einer Anpassung der fernabsatzrechtlichen Regelungen an die technischen Gegebenheiten und den Durchschnittsverbraucher. In diesem Zuge sollte auch klargestellt werden, ob das Widerrufsrecht ein Reuerecht des Verbrauchers oder ein Prüfrecht sein soll.

 

 

1    Dazu Tonner, VuR 2014, S. 23;  Buchmann, K&R 2014, 2014, 221; Giesemann/Schwab, EuZW 2012, 253 ff.; Arnold, RiW 2009, 679 ff.; Föhlisch, MMR 2009, 75 ff.; Zypries, ZEuP 2009, 225 ff.;; .

2    BGH, 16. 3. 2016 – VIII ZR 146/15, K&R 2016, 417 ff.

3    LG Tübingen, 3. 6. 2016 – 1 S 148/15.

4    Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU, Erwägungsgrund 37.

5    Man denke an Art. 246 a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 und 15 EGBGB.

6    Zum noch anders lautenden Richtlinienentwurf Rose/Taeger, K&R 2010, 159 ff; anders auch Föhlisch, in: Bittner/Clausnitzer/Fröhlisch, Das neue Verbrauchervertragsrecht, 2014, Rn. 127; Tamm, VuR 2014, S. 13f.

7    Ausführlich Buchmann, K&R 2014, 2014, 221, 223 f.

8    Die Erwägungsgründe schweigen zu den Rechtsfolgen des Widerrufsrechts. Für die Bereichsausnahme „vin en primeur“ gibt es hingegen eine umfangreiche Begründung/Rechtfertigung, dazu Föhlisch, MMR 2013, 71, 73. .

9    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher, KOM (2008) 614 endg. vom 8. 10. 2008.

10  Art. 11 Nr. 3 des Richtlinienentwurfs verwies ausdrücklich lediglich auf Art. 5 Ziff. 1 a) und c).

11  BGH, 1.12.2010 - VIII ZR 82/10, K&R 2011, 185 ff. m. Anm. Buchmann .

12  BT-Drs. 17/12637, S. 75.

13  Vgl. auch OLG Düsseldorf, 18. 2. 2016 – I-15 U 54/15, K&R 2016, 354 ff.

14  Buchmann, K&R 2014, 221, 224 f.;  so jetzt auch OLG Düsseldorf, 18.2.2016 – I-15 U 54/15, K&R 2016, 354, 357. ■

15  Also einem Link, die einem Verbraucher aufgrund der Bezeichnung eindeutig zeigt, welche weiteren Informationen er durch Anklicken des Links erhält.

16  So auch Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 7.

17 Tamm, in: Brönneke/Tonner, Das neue Schuldrecht, 1. A., 2014, S. 108; Föhlisch, in: Bittner/Clausnitzer/Fröhlisch, Das neue Verbrauchervertragsrecht, 2014, Rn. 129.

18  Art. 11 Ziff. 3 KOM (2008) 614 endg.; Zum Richtlinienentwurf Rose/Taeger, K&R 2010, 159 ff.

19  So auch Grüneberg, in: Palandt, 75. Aufl. 2016, Art. 246 a § 3 EGBGB.

20  So auch Schirmbacher, WRP 2015, 1402, 1403.

21  So z. B. Wendehorst, in: MüKo EGBGB, 7. Aufl. 2016, Art. 246 a, § 3 Rn. 50.

22  OLG Düsseldorf, 18. 2. 2016 – I-15 U 54/15, K&R 2016, 354.

Autoren

Prof. Dr. Felix Buchmann

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