Kommunikation & Recht (K&R) 2012, 90: „Die Angabe von Grundpreisen im Internet“

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Mit seiner Entscheidung in Sachen „Dr. Clauder’s Hufpflege“ hatte der BGH bereits im Jahr 2009 klargestellt, dass die Grundpreisangabe immer in unmittelbarer Nähe zum Endpreis stehen muss und damit nicht erst auf einer Unterseite mit einer detaillierten Beschreibung der angebotenen Ware, sondern auch z. B. bei der Darstellung in einer Preissuchmaschine oder bei Übersichtsseiten. Höchstrichterlich geklärt ist damit allerdings nicht die Frage, wo sich auf dieser gleichen Internetseite der Grundpreis räumlich befinden muss, um noch im Sinne von § 2 Abs. 1 PAngV in „unmittelbarer Nähe“ zu stehen.

I. Einführung

Verbraucher erwarten im Internet in der Regel günstigere Preise als im stationären Handel.i Gleichzeitig können sie aufgrund des strukturellen Informationsdefizits im Fernabsatzhandel die Ware vor Abschluss des Kaufvertrags nicht testen und somit auch die Qualität der Ware nicht prüfen. Neben der Beschreibung der Ware wird damit deren Preis bei Fernabsatzgeschäften zu einem zentralen Faktor für die Kaufentscheidung eines Verbrauchers. Die transparente Angabe des Preises der Ware ist mithin für einen Verbraucher von wesentlicher Bedeutung. Ziel der Preisangabenverordnung (PAngV) ist es, Preistransparenz für einen lauteren Preiswettbewerb zu schaffen und so einem Verbraucher zu ermöglichen, eine Kaufentscheidung treffen zu können.ii Dort wo mit Preisen geworben wird, sind daher die Endpreise anzugeben (§ 1 Abs. 1 PAngV). Bei Fernabsatzgeschäften muss zudem angegeben werden, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und ebenfalls, ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen, sowie ggf. deren Höhe (§ 1 Abs. 2 PAngV). Zentrale Bedeutung kommt der Art und Weise der Preisangabe § 1 Abs. 6 PAngV zu; danach müssen Angaben nach der PAngV der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Wer zu Angaben nach der PAngV verpflichtet ist, hat diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.

II. Bedeutung und Hintergrund der Grundpreisangabe

Die Angabe des Grundpreises und damit das Preis-Mengen-Verhältnis hat seit der Änderung der Fertigpackungsverordnung,iii die nunmehr verbindliche Fertigpackungsgrößen verpflichtend kaum mehr vorsieht, erheblich an Bedeutung gewonnen. Der Endpreis ist für einen Verbraucher letztlich nur noch eine Zahl, die nichts über den Umfang der Gegenleistung aussagt, weil diese Gegenleistung nicht mehr normiert ist und beliebig sein kann.iv

Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV muss der gewerbs- oder geschäftsmäßig handelnde Verkäufer Waren, die er in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche gegenüber Letztverbrauchern anbietet, in unmittelbarer Nähe des Endpreises auch mit dem Grundpreis (Legaldefinition für den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile) auszeichnen. Dies gilt nach § 2 Abs. 1 S. 2 PAngV auch für denjenigen, der als Anbieter dieser Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt.

Im Rahmen der Umsetzung der RL 98/6/EGv stellte der Bundesrat dabei fest, dass es das Ziel sei, die Preistransparenz für den Verbraucher zu erhöhen, wobei die Regelung dem Verbraucher auf einfachste Weise die optimale Möglichkeit bieten solle, die Preise von Erzeugnissen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen.vi Daher soll die Angabe des Grundpreises auch entsprechend den Regelungen des Endpreises erfolgen, womit direkt auf § 1 Abs. 1 und Abs. 6 S. 2 PAngV Bezug genommen wird.vii Verwiesen wird auf die Vorgaben der zugrundeliegenden RL 96/6/EG, nach deren Art. 4 Abs. 1 der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein müssen. Zudem verlangt die Richtlinie in Art. 3 Abs. 4, dass bei jeglicher Werbung, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse genannt wird, auch der Preis je Maßeinheit anzugeben ist. Weitere Vorgaben enthält die Richtlinie bezüglich des Grundpreises nicht. Insbesondere findet das in § 2 Abs. 1 S. 2 PAngV normierte Erfordernis der „unmittelbaren Nähe“ in der zugrundeliegenden Richtlinie kein Pendant, sondern stellt eine Erweiterung des deutschen Gesetzgebers der lediglich mindestharmonisierenden Richtlinie dar. Da es sich allerdings um eine für den Verbraucher günstigere Regelung handelt, ist diese Konkretisierung nach Art. 10 der RL 98/6/EG zulässig (Öffnungsklausel).

1. BGH: Dr. Clauder’s Hufpflege

Der BGH hat in seiner Grundlagenentscheidung „Dr. Clauder’s Hufpflege“ das Erfordernis der Angabe des Grundpreises in „unmittelbarer Nähe“ des Endpreises gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV genauer definiert.viii Nach Ansicht des BGH ist es dafür erforderlich, dass Endpreis und Grundpreis auf einen Blick wahrgenommen werden können. Endpreis und Grundpreis dürfen folglich nicht auf mehrere Unterseiten verteilt werden; auf jeder Internetseite, auf der mit dem Endpreis geworben wird, muss auch der Grundpreis angegeben werden. Die Regelung in § 2 Abs. 1 PAngV verlangt nach Ansicht des BGH mehr als die unmittelbare Erreichbarkeit, die § 5 Abs. 1 TMG fordert. Auch die Angabe von Liefer- und Versandkosten sei mit der Angabe des Grundpreises schon aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts der beiden Erfordernisse nicht vergleichbar.ix Die Angabe, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen, sei nach dem Gesetzeswortlaut dem Angebot oder der Werbung gemäß § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV lediglich eindeutig zuzuordnen, während das Gesetz einen unmittelbaren räumlichen Bezug der Liefer- und Versandkosten zum Endpreis nicht fordert.

2. LG Hamburg: Grundpreise bei „eBay“

Zwar hat der BGH klargestellt, dass die Grundpreise auf der gleichen Internetseite wie die Werbung mit den Endpreisen zu finden sein und auf einen Blick wahrgenommen werden können müssen. Höchstrichterlich ungeklärt blieb allerdings die Frage, wo räumlich exakt der Grundpreis auf der gleichen Seite mit dem Endpreis anzugeben ist.

Das LG Hamburg hatte darüber zu entscheiden, ob bei der Plattform „eBay“ bereits auf der Seite mit der Artikelübersicht die Grundpreise anzugeben sind.x Das Gericht verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung im Internet, Schokoladenprodukte in Fertigpackungen unter Angabe des Endpreises zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder Letztverbrauchern im Internet solche Waren in Fertigpackungen unter Angabe des Endpreises anzubieten und/oder anbieten zu lassen, ohne in unmittelbarer Nähe zum Endpreis auch den Grundpreis anzugeben, sofern der Grundpreis nicht mit dem Endpreis identisch ist.

Dabei führte es zutreffend und in Übereinstimmung mit dem BGH zur Begründung aus, dass die Angabe der Grundpreise schon in der Angebotsübersicht erforderlich sei, dagegen dessen Angabe lediglich auf der Seite mit der konkreten Angebotsbeschreibung nicht den Anforderungen von § 2 PAngV genüge. Wenn der Grundpreis angegeben sei, so müsse ein Verbraucher in der Lage sein, beide Preise auf einen Blick wahrzunehmen. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass eBay eine solche Möglichkeit nicht vorgebe, da sie durch aktives Tun Täterin der Wettbewerbsverletzung sei.xi Wenn der Marktplatzbetreiber es einem Anbieter von Waren nicht ermögliche, sich gesetzeskonform zu verhalten, sei es Sache des Anbieters, die Angebotsdaten abzuändern, den Marktplatzbetreiber zu Systemveränderungen zu veranlassen, beziehungsweise sich schlichtweg dieses Betreibers nicht mehr zu bedienen. Abschließend stellte das LG fest, dass Verstöße gegen die PAngV grundsätzlich auch spürbar seien,xii dies folge aus § 5 a Abs. 2 UWG. Denn nach dieser Vorschrift handele unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusse, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Gemäß § 5 a Abs. 4 UWG würden auch Informationen als wesentlich gelten, die dem Verbraucher auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen, wozu auch Art. 3 Abs. 4 der RL 98/6/EG gehöre.

Bei der Frage, ob die Angabe der Grundpreise in unmittelbarer Nähe des Endpreises erfolgt, kann nach Ansicht des LG das Spürbarkeitskriterium zwar nicht entsprechend § 5 a Abs. 4 UWG von vornherein bejaht werden. Doch die konkrete Ausgestaltung und die Anordnung der Grundpreisangabe seien nicht so erfolgt, dass der optimale Preisvergleich durch den Verbraucher in nicht spürbarer Weise beeinträchtigt worden wäre. Insofern sei auch hier stets von der Spürbarkeit auszugehen.

Ein faktisches Verkaufsverbot auf eBay für Waren, deren Anbieten nur unter Angabe von Grundpreisen zulässig ist, sah das Gericht nicht. In einem obiter dictum stellte das Gericht fest, dass eine Grundpreisangabe auch bei eBay an anderer prominenter Stelle bereitgehalten werden könne, nämlich beispielsweise in der Artikelbezeichnung, also bei eBay in der Artikelüberschrift, die zur Generierung der Angebotsübersichten verwendet wird. Denn Grundpreisangaben in der Artikelbezeichnung seien dann auch in den Artikelübersichtsseiten für den Verbraucher auf einen Blick – und damit in unmittelbarer Nähe zum Endpreis – erkennbar. Das würde bedeuten, dass Versandhändler in ihrer jeweiligen Artikelüberschrift lediglich ein paar Zeichen opfern müssten, um beispielsweise einzufügen (1 kg = x €). Dies wird in der Praxis auch häufig so gemacht, weil diese Lösung den Regelungen der Preisangabenverordnung noch am nächsten kommt.

III. Die „unmittelbare Nähe“ der Grundpreisangabe

Um das gesetzliche Kriterium der „unmittelbaren Nähe“ für die Praxis fassbar machen zu können, muss zunächst abgegrenzt werden, welche anderen Optionen der Gesetzgeber bei der Angabe von kaufbezogenen Informationen für einen Verbraucher zur Verfügung gestellt hat.

1. Gesetzliche Regelungen zur Zuordnung anderer Informationen

Bei den nach Art. 246 §§ 1 bis 3 EGBGB notwendigen Kundeninformationen hat der BGH entschieden, dass ein Verbraucher diese Informationen im Rahmen des Bestellvorgangs überhaupt nicht zwingend sehen muss, es genügt, dass diese Informationen hinter einem entsprechend bezeichneten sprechenden Link aufgefunden werden können.xiii Damit stellte der BGH geringe Anforderungen daran, wie ein Unternehmer gemäß § 312 c Abs. 1 i. V. m. Art. 246 § 1 Nr. 10 EGBGB einen Verbraucher bei Fernabsatzverträgen rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich z. B. über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts belehren muss.

Für die Angabe der Versandkosten hatte der BGH zunächst geurteilt, dass die gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 PAngV anzugebenden Versandkosten bei Bestellungen im Internet nicht notwendig in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Preis des Produkts auszuweisen sind, sondern auch noch alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gemacht werden können, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss.xiv Der BGH argumentierte unter anderem mit dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 PAngV. Die Lieferkosten seien dem Angebot lediglich „eindeutig zuzuordnen“, während der Grundpreis in „unmittelbarer Nähe“ des Endpreises stehen müsse. Zutreffend schließt der BGH daraus, dass das Gesetz einen unmittelbaren räumlichen Bezug zum Angebot oder der Werbung nicht fordert. Darüber hinaus sind die Lieferkosten nach dem Gesetzeswortlaut auch nur dem Angebot zuzuordnen, nicht der Preisangabe. Der räumliche Bezug ist bei den Versandkosten folglich weiter zu sehen als bei der Grundpreisangabe. Der BGH hat diese Rechtsprechung zuletzt dahingehend konkretisiert, dass eine eindeutige Zuordnung nur gegeben sei, wenn unmittelbar bei der Werbung ein Hinweis auf zusätzliche Versandkosten über einen sprechenden Link gesetzt werde.xv Für Preisvergleichslisten schließlich müssen die Versandkosten bereits beim Endpreis mit angegeben werden.xvi

Fraglich ist, ob dies dazu führt, dass der Grundpreis zwar auf der gleichen Internetseite, aber an anderer Stelle als der Endpreis angegeben werden kann. Diese Auslegung würde dazu führen, dass der – durchaus pragmatische – Lösungsweg des LG Hamburg, die Grundpreise bei Angeboten auf der Plattform eBay in der Überschrift der Artikelbeschreibung anzugeben, den Anforderungen der Preisangabenverordnung genügt. Das Erfordernis der „unmittelbaren Nähe“ ist dabei immer im Lichte von § 1 Abs. 6 PAngV zu sehen, muss also den Grundsätzen der Preisklarheit und der Preiswahrheit genügen, leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar und dem Angebot oder in der Werbung eindeutig zugeordnet sein.xvii

2. Preise an verschiedenen Orten?

Ein Verbraucher wird im Zweifel einerseits die Artikelüberschrift als Information über das Angebot, also dessen Inhalt und Umfang verstehen. Andererseits wird er die Information über den Endpreis als den einzigen Ort vermuten, , an dem er Informationen über den Preis und ggf. Hinweise zu den Versandkosten sucht.xviii Es ist nicht davon auszugehen, dass ein Verbraucher in der Artikelüberschrift zusätzlich zum Endpreis, der räumlich davon getrennt ist, weitere Angaben zum Preis erwartet. Schon vor diesem Hintergrund ist eher nicht davon auszugehen, dass der Grundsatz der Preisklarheit erfüllt ist und der Grundpreis leicht erkennbar im Sinne von § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV ist. Damit wären die Anforderungen von § 1 Abs. 6 PAngV nicht erfüllt, weil ein Verbraucher im Zweifel die Preisangabe gerade nicht auf einen Blick und sofort ohne weiteres Nachdenken versteht.xix

3. „Unmittelbarkeit“ der Nähe

Auch bestehen Bedenken, ob sich eine Grundpreisangabe im Rahmen der Artikelüberschrift noch in unmittelbarerxx Nähe des Endpreises befindet. Für den Grundpreis normiert die PAngV in § 2 Abs. 1 S. 2 ein besonderes räumliches Erfordernis, das nach dessen Wortlaut über das Erfordernis der Verpflichtung, einen Endpreis einem Angebot eindeutig zuzuordnen (§ 1 Abs. 6 S. 2 PAngV), hinausgeht. Es genügt folglich im Zusammenspiel zwischen § 1 Abs. 6 und § 2 Abs. 1 S. 2 PAngV nicht, dass Endpreis und Grundpreis dem Angebot jeweils einzeln eindeutig zugeordnet werden können und diese beiden Preise an unterschiedlichen Stellen im Rahmen des Angebots zu finden sind. Vielmehr muss der Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Endpreises stehen. Auch dies spricht dafür, dass die Angabe des Grundpreises in der Artikelüberschrift nicht geeignet ist, die Anforderungen von § 1 Abs. 6 i. V. m. § 2 Abs. 1 PAngV zu erfüllen.

Das Erfordernis „unmittelbar“ enthält ein räumliches Element, wonach der Grundpreis nicht so weit vom Endpreis entfernt stehen darf, dass beide Preise nicht auf einen Blick wahrgenommen werden können.xxi „Unmittelbar“ liefert zu diesem räumlichen Aspekt noch eine Erweiterung: Damit Endpreis und Grundpreis in unmittelbarer Nähe zueinander stehen, dürfen zwischen diesen beiden Informationen nicht noch weitere kauf- oder verkäuferbezogene Informationen aufgeführt werden.xxii Zwei Informationen stehen dann nicht mehr in unmittelbarer Nähe, wenn sie durch andere Informationen voneinander getrennt werden; dann besteht zwischen ihnen lediglich noch eine mittelbare Nähe. In der Angebotsübersichtseite von eBay findet sich, sofern bei den Standardeinstellungen nichts verändert wird, zunächst ein Bild des jeweiligen Produkts, dann die Artikelüberschrift, dann ggf. ein Hinweis „Verkäufer mit Top-Bewertung“, dann die Anzahl der abgegebenen Gebote oder der Hinweis „Sofort kaufen“ und dann der Endpreis. Es befinden sich folglich weitere Informationen sowohl kauf- als auch verkäuferbezogen zwischen Grundpreis und Endpreis.

Auf der Produktseite selbst findet sich unter der Artikelüberschrift der Artikelzustand und ggf. die Stückzahl; auch hier sind folglich zwischen Grundpreis und Endpreis weitere Informationen aufgeführt.

IV. Darstellung im M-Commerce

Diese Verortung der Grundpreise ist auch für den immer beliebter werdenden M-Commercexxiii erforderlich. Beispielsweise wird auf einer iPhone-App nicht die gesamte Überschriftszeile angezeigt, sondern lediglich die ersten 52 Zeichen. Würde ein Händler seinen Grundpreis am Ende der Überschrift aufnehmen (um etwa den Grundpreis so nah wie möglich an den Endpreis zu rücken) und wäre diese insgesamt länger als 52 Zeichen, würde der Grundpreis nicht angezeigt. Auch die Darstellung am Anfang einer Zeile hat Nachteile, da sich dann zwischen Grund- und Endpreis noch eine weitere Information, nämlich die Artikelbeschreibung, befindet.

Auf einem handelsüblichen Smartphone finden sich bei eBay Mobile unter der Artikelüberschrift ein Hinweis zur Restlaufzeit, dann zu den Versandkosten und erst dann folgt der Endpreis. Auf der Artikeldetailseite erscheinen nach der Artikelüberschrift zunächst ein Bild der Ware, dann die Restlaufzeit und dann erst der Endpreis. Auch im M-Commerce sind die Anforderungen an die unmittelbare Nähe mit der Aufnahme des Grundpreises in die Artikelüberschrift nicht erfüllt.

V. Diskussion um die Grundpreisangabe

Aufgrund der gestiegenen Bedeutung der Grundpreisangabe ist die Art und Weise von deren Darstellung in der Diskussion.xxiv Es würde nicht überraschen, wenn alsbald die Art und Weise der Angabe näher geregelt würde, ohne dass dies mit Blick auf § 1 Abs. 6 PAngV allerdings notwendig wäre.

VI. Fazit

Unabhängig davon, wo Versandhändler auf der Handelsplattform eBay ihre Grundpreise gegenwärtig angeben, wird dies den strengen Anforderungen von § 2 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 6 PAngV nicht gerecht. Die vom LG Hamburg vorgeschlagene Lösung, den Grundpreis in die Artikelüberschrift aufzunehmen, ist mit den Anforderungen der PAngV nicht konform. Weder wird ein Verbraucher dort eine Preisangabe vermuten, noch steht diese in „unmittelbarer Nähe“ zum Endpreis, weil sich zwischen End- und Grundpreis noch weitere kauf- und verkäuferbezogene Informationen befinden. Im Zeichen der Rechtssicherheit ist diese Lösung auch nicht sinnvoll, weil sie die Folgediskussion eröffnet, ob im Einzelfall die Artikelüberschrift selbst noch mit dem Grundpreis auf einen Blick wahrgenommen werden kann.

Soweit seitens des jeweiligen Plattformbetreibers keine Lösung angeboten wird, die eine Angabe des Grundpreises direkt unterhalb oder neben dem Endpreis ermöglicht (und nur diese Darstellung erfüllt die Anforderungen der PAngV), bedeutet dies für Versandhändler, die aufgrund der Eigenart der von ihnen vertriebenen Waren Grundpreise anzugeben haben, dass sie bei Angeboten auf dieser Plattform stets mit einer Abmahnung rechnen müssen. Soweit Versandhändler bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben haben, besteht das Risiko, dass sie ggf. eine Vertragsstrafe verwirken, wenn sie diese Produkte weiter auf der jeweiligen Plattform anbieten.

 

  • Angebotsübersicht

Grundpreis, Endpreis, Online-Handel, Preisangabe, unmittelbare Nähe  5

  • Endpreis

Grundpreis, Online-Handel, Preisangabe, Angebotsübersicht, unmittelbare Nähe  5

  • Grundpreis

Endpreis, Online-Handel, Preisangabe, Angebotsübersicht, unmittelbare Nähe  5

  • Online-Handel

Grundpreis, Endpreis, Preisangabe, Angebotsübersicht, unmittelbare Nähe  5

  • Preisangabe

Grundpreis, Endpreis, Online-Handel, Angebotsübersicht, unmittelbare Nähe  5

  • Unmittelbare Nähe

Grundpreis, Endpreis, Online-Handel, Preisangabe, Angebotsübersicht  5

 

i Vgl. Umfrage der BITKOM: www.bitkom.org/de/markt_statistik/64038_68632.aspx.

ii Vgl. BR-Drucks. 180/00, S. 19; RL 98/6/EG, Erwägungsgrund 6; Völker, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl. 2009, § 1 PAngV, Rn. 2; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. 2010, PAngV, Einf. Rn. 12.

iii Geändert durch die 6. ÄndVO vom 11. 6. 2008, BGBl. I, S. 1079, In Kraft getreten am 11. 4. 2009 in Umsetzung der Fertigpackungsrichtlinie 2007/45/EG v. 5. 9. 2007, die den freien Warenverkehr begünstigen soll.

iv Jacobi, WRP 2010, 1217 f.; Buchmann, K&R 2009, 651.

v RL 98/6/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. 2. 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse.

vi BR-Drucks. 180/00, S. 19; so auch schon die Kommission in ihrem Vorschlag, vgl. KOM(95), 276 (endg.), S. 7.

vii BR-Drucks. 180/00, S. 24.

viii BGH, 26. 2. 2009 – I ZR 163/06, Tz. 13, K&R 2009, 651, 652 m. Anm. Buchmann.

ix Abgrenzung zu BGH, 4. 10. 2007 – I ZR 143/04, K&R 2008, 34 ff.

x LG Hamburg, 24. 11. 2011 – 327 O 196/11, K&R 2012, 66 ff.

xi Vgl. dazu auch BGH, 18. 3. 2010 – I ZR 16/08, K&R 2010, 734 ff. – Froogle II.

xii Vgl. OLG Jena, 2. 11. 2005 – 2 U 384/05 = GRUR 2006, 246 f.; a. A. OLG Koblenz, 25. 4. 2006 – 4 U 1219/05 GRUR 2007, 23 ff.

xiii BGH, 20. 7. 2006 – I ZR 228/03, Tz. 34 = K&R 2006, 575 ff.; OLG Frankfurt a. M., 14. 12. 2006 – 6 U 129/06 – Sprechender Link.

xiv BGH, 4. 10. 2007 – I ZR 143/04, K&R 2008, 34 ff., Tz. 31 – Versandkosten.

xv BGH, 16. 7. 2009 – I ZR 50/07, K&R 2010, 189 ff., Tz. 27 – Kamerakauf im Internet; vgl. dazu auch Eckert, GRUR 2011, 678, 682 f.

xvi BGH, 16. 7. 2009 – I ZR 140/07, Tz. 14.

xvii Völker in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig (Fn. 2), § 2 PAngV, Rn. 8; Piper/Ohly/Sosnitza (Fn. 2), § 2 PAngV, Rn. 2.

xviii BGH, 4. 10. 2007 – I ZR 143/04, K&R 2008, 34 ff. – Versandkosten.

xix Dies wäre aber für das Erfordernis der Preisklarheit unerlässlich, vgl. Wenglorz, in: Fezer, UWG, § 4 Rn. 125.

xx Das Wort „unmittelbar“ wird vom Gesetzgeber gelegentlich verwendet. Im Rahmen der Insolvenzordnung bedeutet „unmittelbare Gläubigerbenachteiligung“ z. B., dass keine weiteren Umstände hinzutreten dürfen.

xxi Föhlisch, in: Hören/Sieber, Multimediarecht, 29. EL., 2011, Rn. 104; Leupold/Glossner, Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, 2. Aufl., 2011, Teil 2, Rn. 289.

xxii Völker in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig (Fn. 2), § 2 PAngV, Rn. 8.

xxiii Bitkom: Mehr als 40 Prozent wollen mit dem Handy bezahlen – http://www.bitkom.org/de/markt_statistik/64022_65575.aspx.

xxiv Ausführlich Jacobi, WRP 2010, 1217 ff.

Autoren

Prof. Dr. Felix Buchmann

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