Zufriedenheitsgarantien und ihre Tücken – Was es nach dem aktuellen EuGH-Urteil zu beachten gilt
Auch in der Person des Verbrauchers liegende Umstände können rechtlich als Garantien zu bewerten sein! So beispielsweise Zufriedenheitsgarantien, wie der EuGH mit Urteil vom 28.09.2023 entschied (Az.: C-133/22).
Worum wurde gestritten?
Die Beklagte vertreibt über verschiedene Einzel- und Onlinehändler T-Shirts. Diese waren mit Hängeetiketten versehen, die jeweils mit „Lifetime Warranty“ beschriftet waren. Laut diesen Etiketten kann der Käufer das T-Shirt im Falle seiner Unzufriedenheit jederzeit zurückgeben. Weitergehende Informationen zu Bedingungen der Rückgabe blieben aus. Die Klägerin meint, dass dies gegen die unternehmerseitigen Informationspflichten für Garantie-Erklärungen verstößt und mahnte die Beklagte auf Unterlassung ab.
Das LG München I wies die Klage ab (Urt. v. 10.02.2020 – 4 HKO 8418/19), das OLG München (Urt. v. 14.01.2021 – 29 U 1203/20) trat dem entgegen und befand, dass Zufriedenheitsgarantien Garantien im Sinne des § 443 BGB seien und damit die inhaltlichen Anforderungen des § 479 BGB zu erfüllen hätten. Der BGH legte diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor (Beschl. v. 10.02.2022 – I ZR 38/21).
Hintergrund
Den nationalen Regelungen zu Garantien liegen europarechtliche Normen zugrunde, nämlich Art. 2 Nr. 14 der Verbraucherrechterichtlinie sowie Art. 2 Nr. 12 der Warenkaufrichtlinie. Bezweckt wurde mit den Richtlinien eine Vollharmonisierung des Verbraucherrechts, weshalb die Garantiefrage anhand richtlinienkonformer Auslegung zu beantworten ist. In Betracht kommt demnach, und dies ist auch die erste Vorlagefrage des BGH, ob die Zufriedenheitsgarantie eine andere als die Mängelfreiheit betreffende bzw. nicht mit der Vertragsmäßigkeit verbundene Anforderung im Sinne des unionsrechtlichen Garantiebegriffs darstellt. Weiterhin wurde gefragt, ob die Zufriedenheit anhand objektiver Umstände feststellbar sein muss.
Entscheidung des EuGH
Der Wortlaut des Art. 2 Nr. 14 der Verbraucherrechterichtlinie umfasst jede zur gesetzlichen Gewährleistung zusätzliche Verpflichtung. Laut EuGH ergebe sich aus dem Wortlaut kein Bedarf für eine Beschränkung des Garantiebegriffs auf lediglich objektiv überprüfbare Merkmale der Kaufsache. Der EuGH schloss sich zudem der Erwägung, die bereits das OLG München aufführte, an, laut der der Garantiebegriff aufgrund des hohen Stellenwerts des ihm zugrundeliegenden Verbraucherschutzes (dessen Gewährleistung unionsrechtlich in Art. 169 AEUV kodifiziert ist) weit auszulegen sei. Es solle garantiert werden, dass der Kunde ein Geschäft in vollständiger Kenntnis der Sachlage tätigen könne. Die Rücknahme der Kaufsache an die Kundenzufriedenheit zu knüpfen, sei lediglich Ausdruck der unternehmerischen Freiheit des Anbieters nach Art. 16 Grundrechtecharta. Eine objektive Überprüfbarkeit, die bei der Zufriedenheit naturgemäß nicht möglich sei, sei für den Garantiebegriff damit gerade nicht erforderlich. Die Zufriedenheitserklärung stelle folglich eine Garantie dar.
Wie sieht eine Garantie-Erklärung aus und wo gehört sie hin?
Spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware, hinsichtlich derer vom Anbieter eine Garantie übernommen wird, ist dem Verbraucher eine Garantieerklärung zur Verfügung zu stellen (§ 479 Abs. 2 BGB). Diese kann im stationären Handel den Waren beigefügt oder auf der Verpackung, jedenfalls auf einem dauerhaften Datenträger, abgedruckt werden.
Auch im Onlinehandel ist den Kunden, sofern es sich bei der Garantie um ein entscheidendes Merkmal des Angebots handelt, über eine auf der Angebotsseite befindliche Garantieerklärung über die Garantiebedingungen aufzuklären. Die Garantieerklärung muss den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verkäufers bei Mängeln, darauf, dass die Inanspruchnahme dieser Rechte unentgeltlich ist sowie darauf, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, enthalten. Zudem hat die Garantieerklärung Namen und Anschrift des Garantiegebers sowie Informationen über das vom Verbraucher einzuhaltende Verfahren für die Geltendmachung der Garantie zu enthalten. Bestandteil der Garantieerklärung ist auch die Nennung der Ware, auf die sich die Garantie bezieht, sowie Garantiebestimmungen wie Dauer und räumlicher Geltungsbereich des Garantieschutzes. Bei Verstößen drohen Unterlassungsansprüche nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.