Die geplante Reform des Kindesunterhaltsrechts – geringere Unterhaltszahlung aufgrund erhöhter Kindesbetreuung?

Elternteile die mehr als üblich die Kinder betreuen schauen gespannt auf den Gesetzgeber. Der Bundesjustizminister hat am 25.08.2023 ein Eckpunktepapier vorgelegt, welches die geplante Reform aufzeigt.

Ausgangslage

Bislang ist das Unterhaltsrecht hauptsächlich geprägt von einem betreuenden und einem zahlenden Elternteil, der üblicherweise einen zweiwöchigen Wochenendumgang pflegt. Diesem Umstand berücksichtigt die Düsseldorfer Tabelle bei der Bestimmung des zu zahlenden Kindesunterhaltes. Sofern jetzt der zahlende Elternteil die übliche Betreuung ausweitet, besteht lediglich die Möglichkeit der Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle um bis zu zwei Einkommensstufen. Lediglich beim paritätischen Wechselmodell besteht eine beidseitige Zahlungsverpflichtung und der Betreuungsbeitrag fällt weg.

Warum die Reform?

Um dem erhöhten Betreuungsanteil gerecht zu werden, will das BMJ eine Reform des Unterhaltsrechts anstoßen, damit die erhöhte Betreuungsleistung des zahlenden Elternteils entsprechend berücksichtigt werden kann.  Das entsprechende Eckpunkte Papier ist hier (link) abzurufen.

Die Idee der Reform ist, dass die Betreuung mit dem jeweiligen Einkommen kombiniert wird und der Unterhaltsbetrag dann auf Grundlage des Betreuungsanteils jedes Elternteils berechnet wird. Dies würde dann dazu führen,  dass eine Zahlungspflicht abhängig vom Einkommen und der konkreten Betreuungszeit errechnet wird.

Ist die Reform sinnvoll?

Grundsätzlich ist die weitergehende finanzielle Entlastung im Falle anteiliger Betreuungsleistung bzw. erhöhter Betreuungsleistung dem Grunde nach nachvollziehbar und sinnvoll. Nicht selten entstehen dann bei beiden Elternteilen entsprechende Aufwendungen doppelt. Allerdings birgt die beabsichtigte Reform auch Risiken und Probleme.  Es scheint nicht abwegig, dass nach der Reform  entsprechende Unterhaltsstreitigkeiten künftig in ein das Kind betreffende Umgangsverfahren vorverlagert werden um den Betreuungsanteil und somit den Unterhaltsbetrag zu verändern. Zudem wird eine Vielzahl von Abänderungsverfahren entstehen, welche die Gerichte zunehmend belasten. Da sich erfahrungsgemäß die Betreuungsanteile stetig und schneller verändern als etwaige Einkünfte, wäre die Abänderung des Kindesunterhaltes auch bei Änderung der Betreuungsleistungsanteils möglich, was eine Welle von zusätzlichen Verfahren der an sich schon überlasteten Familiengericht befürchten lässt.

Zusammenfassung

Zusammengefasst ist die Reform an sich ein nachvollziehbares Vorhaben, die Ausgestaltung und Umgestaltung der beabsichtigten  Kindsunterhaltsberechnung jedoch problematisch. Diesen Eindruck bestätigen auch die Gespräche und Diskussionen, die vergangenen Woche beim DFGT geführt worden sind.

Autoren

Tobias Rist

Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Professioneller Verhandler (CEBN)
Zertifizierter Berater für Ehe- und Partnerschaftsverträge
sowie Scheidungsfolgenvereinbarungen (DANSEF e.V.)

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