Dauerbrenner im Urheberrecht – „Metall auf Metall“ wieder beim EuGH

Was ist ein Pastiche? Und wann wird ein urheberrechtlicher Schutzgegenstand „zum Zwecke“ des Pastiches genutzt? Mit diesen Fragen darf sich aufgrund des Vorlagebeschlusses des BGH (Beschl. v. 14.09.2023, Az. I ZR 74/22) nun der EuGH auseinandersetzen.

Vorgeschichte – „Metall auf Metall“

1997 veröffentlichte Sabrina Setlur den Song „Nur mir“. Produziert wurde der Song von Moses Pelham u.a. mittels Samplings, also Entnahme eines Audiofragments zur Schaffung eines neuen Werks. Im vorliegenden Fall wurde eine zwei Sekunden lange Sequenz des Songs „Metall auf Metall“ von Kraftwerk als Grundlage des Beats zu Beginn des Songs „Nur mir“ genutzt. Die Band klagte daraufhin im Jahr 1999 auf Unterlassung und Schadensersatz beziehungsweise Vernichtung der Tonträger aufgrund einer möglichen Verletzung ihres Leistungsschutzrechts als Tonträgerhersteller nach § 85 UrhG.

Warum hat der Fall eine so große Bedeutung für das Urheberrecht?

Der Fall war in den nunmehr über zwanzig Jahren seit erstmaliger Klageerhebung Gegenstand vieler Gerichtsurteile auf den nationalen Instanzen und vor dem EuGH. Man mag sich nun fragen, warum der Fall, der sich im Wesentlichen um die allgemeine Zulässigkeit von Sampling dreht, innerhalb dieser Zeitspanne noch immer nicht endgültig erledigt wurde. Dies liegt daran, dass sich die zugrunde zulegenden Rechtsvorschriften in der Zwischenzeit immer wieder geändert haben. Da der Song „Nur mir“ weiterhin angeboten und auch genutzt wird, ändert sich aufgrund der Gesetzesänderungen die rechtliche Bewertung des Falles und es ist die jeweils neue Rechtslage zugrunde zu legen.

Dabei hat der Fall bereits Erhebliches zur Weiterentwicklung des Urheberrechts beigetragen: § 24 UrhG, der die freie Benutzung eines Werkes ohne Zustimmung des Urhebers in einem neuen, selbständigen Werk erlaubte, musste aufgrund der Nichtvereinbarkeit mit Unionsrecht, genauer, mit der DSM-Richtlinie, aus dem Gesetz gestrichen werden (so der EuGH im Urt. v. 29.07.2019 – Az. C-476/17). Eingeführt wurde aufgrund dessen der § 51a UrhG, der die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke zum Zwecke der Parodie, Karikatur oder des Pastiches zulässt.

Vorlagebeschluss des BGH v. 14.09.2023

Insofern stellt sich nun die Frage, ob es sich bei dem auf Sampling beruhenden Beat von „Nur mir“ um ein Pastiche handelt, sodass die Nutzung der Sequenz aus „Metall auf Metall“ trotz urheberrechtlichen Schutzes des Songs inklusive der Sequenz zulässig wäre. Das Problem? Keiner weiß so wirklich, was ein Pastiche überhaupt sein soll. Zwar umfasse ein Pastiche laut nationaler Gesetzesbegründung des § 51a UrhG (RegE BT-Drs. 19/27426, S. 92) die urheberrechtlich relevante Übernahme fremder Werke oder Werkteile unter erkennbarer Auseinandersetzung mit dem vorbestehenden Bezugsgegenstand, ohne dass es sich um eine Karikatur oder Parodie handle. Da der Begriff aber auf Art. 5 Abs. 3 lit. k der unionsrechtlichen Informationsgesellschaftsrichtlinie (InfoSoc-RL) zurückgeht, die eine weitgehende Harmonisierung des Urheberrechts in den Mitgliedsstaaten anstrebt, gab der BGH die Frage der Bedeutung des Begriffs an den EuGH weiter.

Dieser soll nun entscheiden, ob es sich bei der vom Unionsrecht für zulässig bestimmten Ausnahmeregelung vom Vervielfältigungsrecht und Recht der öffentlichen Wiedergabe und Zugänglichmachung für die Nutzung zum Zwecke von Pastiches um einen Auffangtatbestand für eine künstlerische Auseinandersetzung mit einem vorher bestehenden Werk oder sonstigen Bezugsgegenstand sei, und zwar einschließlich des Samplings. Indem sich die Erlaubnis nur auf die Verwertung in wiedererkennbarer Form oder innerhalb übriger Schranken wie der Parodie oder Karikatur erstreckt, könnte die Pastiche-Regelung laut BGH als allgemeine Schranke für die Kunstfreiheit nach Art. 13 GRCh, unter die auch das Sampling grundsätzlich falle, betrachtet werden. Weiter erfragt der BGH, ob für den Begriff des Pastiches einschränkende Kriterien wie das Erfordernis von Humor, Stilnachahmung oder Hommage gelten würden (wie vom Bundesgesetzgeber vorgesehen in BT-Drs. 19/27426, S. 92).

Weiterhin stellt sich laut BGH die Frage der Auslegung des Begriffs „zum Zwecke“ eines Pastiches. Unklar sei, ob der Nutzer die Absicht haben muss, den urheberrechtlichen Schutzgegenstand zum Zweck des Pastiches zu nutzen oder ob es ausreicht, wenn das Pastiche als solches für denjenigen, dem der urheberrechtliche Schutzgegenstand bekannt ist, erkennbar ist. Reichlich Reibung also bei „Metall auf Metall“!

Bildnachweis: turbodesign777

Autoren

Prof. Dr. Felix Buchmann

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