Dieser Beitrag widmet sich der strafbewehrten Unterlassungserklärung, einem Instrument, das sich in der Vergangenheit als sehr effizient erwiesen hat, gegen das im Zeitalter der Digitalisierung aber erhebliche Vorbehalte entstanden sind. Es soll der Versuch unternommen werden, eine Gestaltung vorzuschlagen, die die Unterlassungserklärung näher an ein vergleichbares Unterlassungsurteil heranführt, um ihr so wieder eine größere Bedeutung und Akzeptanz zukommen zu lassen.
- Einführung
Die Unterlassungserklärung sollte ein Instrument sein, um die Wiederholungsgefahr bei geltend gemachten Unterlassungsansprüchen außergerichtlich schnell, kostengünstig und außerhalb der Öffentlichkeit ausräumen zu können.1 Das grundsätzliche System von Wiederholungsgefahr und Unterlassungserklärung stammt aus einer Zeit weit vor der Digitalisierung.2 Das Internet hat auch die Welt des Lauterkeitsrechts verändert. Das Wettbewerbsverhältnis erreicht dank des Internets neue Dimensionen und reicht deutlich weiter. Lauterkeitsverstöße können nicht nur einfacher aufgefunden werden, auch ein Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung ist heute viel schneller recherchiert als noch in der analogen Zeit.
Es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, dass Abmahnungen zunehmend in Verruf geraten sind, und von der Möglichkeit der Abgabe einer Unterlassungserklärung nur noch vorsichtig und zurückhaltend Gebrauch gemacht wird.3 Allgegenwärtig ist das Damoklesschwert der Vertragsstrafe. Auch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nach dem sogenannten „neuen Hamburger Brauch“, die nach dessen Anerkennung in der Rechtsprechung4 den Begriff der sogenannten „modifizierten Unterlassungserklärung“5 geprägt hat, löst dieses Problem nicht. Ein solches Vertragsstrafenversprechen ist nämlich nach oben offen, dies sollte bei der Abgabe stets bedacht werden.
Nachdem in der Praxis der Ruf immer lauter wurde, dem sogenannten “Abmahnmissbrauch“6 auch auf gesetzgeberischer Ebene entgegenzutreten7, fühlte sich der Gesetzgeber offensichtlich verpflichtet, in das bislang sehr effiziente System zur Durchsetzung des Lauterkeitsrechts in Deutschland massiv einzugreifen. Mit dem „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“8 erhöhte der Gesetzgeber nicht nur die Schwelle für diejenigen, die Ansprüche nach dem UWG geltend machen können, sondern führte mit § 13 Abs. 4 UWG auch Bereichsausnahmen ein, für die seitdem besondere Regelungen gelten. Auch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kann nicht mehr in jedem Fall verlangt werden, wie § 13 Abs. 2 UWG zeigt. Sofern eine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe verlangt werden darf, greift auch hier der Gesetzgeber in die Gestaltung der Unterlassungserklärung ein; § 13 Abs. 3 UWG deckelt die Vertragsstrafe auf 1000 €, wenn die Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Wenn eine unangemessen hohe Vertragsstrafe vereinbart ist, darf lediglich eine Vertragsstrafe in einer angemessenen Höhe verlangt werden (§ 13 Abs. 4 UWG).
In einem von der Bayerischen Landesregierung im Bundesrat eingebrachten Gesetzesvorschlag soll nunmehr für Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung gelten, dass diese von Wettbewerbern überhaupt nicht mehr abgemahnt werden dürfen. Die Tendenz in der Gesetzgebung ist damit eindeutig: Abmahnungen und Unterlassungserklärungen sollen nicht mehr das einzige Instrument sein, um den lauteren Wettbewerb durchzusetzen. In der Politik scheint sich vielmehr der grundsätzliche Gedanke durchzusetzen, dass der lautere Wettbewerb und dessen Einhaltung eine Belastung für die Wirtschaft sind und sich das irgendwie schon von selbst regeln wird oder es eben einfach nicht so schlimm ist, wenn man sich nicht ans geltende Recht hält. Der offensichtlichen Überregulierung vieler Bereiche damit zu begegnen, dass die Vorschriften zwar eingehalten werden müssen, aber deren Einhaltung niemand effektiv überwacht, ist ein interessanter Ansatz.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könnte sich andeuten, dass auch in anderen Fällen von dem Grundsatz abgewichen werden muss, dass nur eine strafbewehrte Unterlassungserklärung außergerichtlich die Wiederholungsgefahr ausräumt. In seiner Entscheidung „Vielfachabmahner II“ nennt der Bundesgerichtshof9 gleich mehrere Szenarien, die offenbar geeignet sein können, dass ein gerügtes unlauteres Verhalten künftig nicht wiederholt wird, ohne dass eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben worden ist. Fragen wirft in diesem Zusammenhang auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs10 „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“ auf. Es geht zum einen darum, wann eine abgegebene Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt und andererseits um die Frage, ob eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung nach dem neuen Hamburger Brauch im Falle eines Verstoßes dagegen einfach noch einmal in identischer Form abgegeben werden kann. Der Bundesgerichtshof hat dies bejaht; dies hat allerdings für das Gesamtsystem von Abmahnung und Unterlassungserklärung Folgen, die der Bundesgerichtshof nicht anspricht; insbesondere die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses wird mit keinem Wort erwähnt.
Die ganze Dramatik um die Entwicklung des Lauterkeitsrechts, das ganz wesentlich die Durchsetzung des Verbraucherschutzrechts11 zum Gegenstand hat, zeigt sich schließlich in zahlreichen gerichtlichen Urteilen zum Widerrufsrecht. Es ging dabei jeweils nur um die Angabe einer Telefonnummer in einer Widerrufsbelehrung. Wer glaubt, BGH12 und EuGH13 hätten dazu alles gesagt, wird über den Inhalt der Entscheidung der Landgerichte und deren Begründung staunen.
- Wettbewerbsrecht und Verbraucherschutz
Das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. So steht es in § 1 Abs. 1 UWG. Gegen Vorschriften, die im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regeln, darf gemäß § 3a UWG nicht verstoßen werden, wenn sie geeignet sind, die Interessen u.a. von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Wenn ein Unternehmer im Internethandel eine Telefonnummer für die Kontaktaufnahme bereithält, muss er diese in der Widerrufsbelehrung angeben. Dies haben übereinstimmend EuGH14 und BGH15 entschieden. Die Nichtangabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist geeignet, den Verbraucher im Glauben zu lassen, er könne sein Widerrufsrecht nicht telefonisch ausüben; folglich könnte es ihn von der Ausübung dieses Rechts abhalten.16 Er benötigt diese Information mithin, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.
Eine ganze Reihe von Landgerichten17 sieht dies anders. Es ging konkret um die Frage, ob das Weglassen der unstreitig verfügbaren Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung dazu führt, dass die verlängerte Widerrufsfrist von einem Jahr und 14 Tagen gilt (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB). Zahlreiche Landgerichte verneinten dies mit dem Hinweis darauf, dass die geltende Rechtslage keineswegs zwingend eine Telefonnummer verlange. Bereits diese Erkenntnis überrascht vor dem Hintergrund von Art. 11 Abs. 1 b) der Verbraucherrechterichtlinie, der die Form der Ausübung des Widerrufsrechts ausdrücklich in das Belieben des Verbrauchers stellt, und auch den vorgenannten Entscheidungen von EuGH18 und BGH19. Eine Auslegung dahingehend, dass die Angabe einer Telefonnummer nirgendwo verlangt sei, verbietet sich vor diesem Hintergrund. Noch überraschender sind jedoch die im Wesentlichen gleichlautenden Begründungen in Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH und des BGH. Diese Urteile seien in einem Rechtsstreit zwischen zwei Wettbewerbern ergangen und hätten vor allem wettbewerbsrechtliche Fragestellungen behandelt. Über die zivilrechtliche Bedeutung der Frage, was zu geschehen hat, wenn in einer Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer nicht angegeben wird, würden sich die Urteile nicht verhalten. Die gesetzlichen Zielrichtungen und Schutzzwecke würden sich insoweit aber erheblich unterscheiden.
Führt man sich diese Argumentation vor Augen, muss die Frage gestattet sein, welche Bedeutung das Wettbewerbsrecht im Gesamtgefüge des Verbraucherschutzes noch hat. Einerseits wird höchstrichterlich – sogar mit Vorlage an den EuGH! – entschieden, dass es sich beim Fehlen einer Telefonnummer um einen spürbaren Verstoß gegen geltendes Verbraucherschutzrecht handelt, der dazu führt, dass ein Verbraucher eine informierte Entscheidung nicht treffen kann, andererseits entscheiden die Zivilgerichte, dass dieser Verstoß für die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher ohne Relevanz ist, und die scharfe Sanktion des § 356 Abs. 3 S. 2 BGB – die genau für diese Fälle geschaffen wurde20 – daher nicht greifen soll. Es soll an dieser Stelle gar nicht über richtig oder falsch entschieden werden. Die Bemerkung in diesen zahlreichen landgerichtlichen Urteilen zeigt doch eines: Das Lauterkeitsrecht scheint sich von der Realität entkoppelt zu haben. Was im UWG spürbar ist, soll im BGB und damit für den konkret betroffenen Verbraucher offenbar ohne Relevanz sein. Das ist nicht vermittelbar.
Es ist vor diesem Hintergrund wenig verwunderlich, wenn das UWG in der Vergangenheit ein Akzeptanzproblem bei Unternehmern erfahren hat.21 Mit dem Lauterkeitsrecht eng verknüpft ist die Abmahnung und die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Erstere kostet bei Erhalt Geld, die Unterlassungserklärung birgt für alle Zukunft Risiken. Es ist geradezu natürlich, dass sich die ganze Wut der Unternehmer auf diese beiden Instrumente fokussiert. Logische Folge war das Bedürfnis der Politik, an diesen Stellschrauben zu drehen.
III. Demontage des UWG durch den Gesetzgeber
- Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs
Ziel des im Dezember 2020 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs war es insbesondere, missbräuchliche Abmahnungen künftig zu verhindern.22 Es setzt dabei auf bestimmte Indizien zur Ermittlung, ob ein Missbrauch gegeben ist, und greift dabei im Wesentlichen auf bereits in der Rechtsprechung etablierte Grundsätze zurück.
- Einschnitte bei der Abmahnung
Neu gefasst wurde in diesem Zuge u.a. die Aktivlegitimation für Wettbewerber. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F. steht das Recht zur Durchsetzung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche nur noch dem Mitbewerber zu, „der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt“.23 Diese Regelung bezweckt, Abmahnungen von Mitbewerbern für unzulässig zu erachten, die gar nicht mit dem Ziel, Angebote am Markt zu platzieren, am Wettbewerb teilnehmen.24 Faktisch werden damit gezielt die Unternehmen benachteiligt, die ihre Tätigkeit gerade erst aufnehmen und sich mangels ausreichender Verkaufszahlen nicht gegen den unlauteren Wettbewerb alteingesessener Unternehmen wehren können. Gleichzeitig propagiert die Politik die Förderung von Startups.
- 8c Abs. 2 UWG n.F. konkretisiert das Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch die Auflistung von Indizien. Dazu gehören das Ziel, einen Aufwendungsersatz, Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung oder eine Vertragsstrafe zu erwirken (Nr. 1), die Geltendmachung einer erheblichen Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Wettbewerber, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder - so der vage Tatbestand – wenn „anzunehmen“ ist, dass der Abmahner das wirtschaftliche Risiko der Abmahnung nicht selbst trägt (Nr. 2). Missbräuchlich soll im Zweifel auch die unangemessen hohe Festsetzung eines Gegenstandswertes für eine Abmahnung sein (Nr. 3), wobei die Unangemessenheit nach mehreren Faktoren zu bemessen ist; die Praxis greift regelmäßig auf Regelstreitwerte zurück25, obgleich der BGH26 diesen Regelstreitwerten eine ausdrückliche Absage erteilt hat. Eine Abmahnung soll auch bei offensichtlich überhöht vorgeschlagenen Vertragsstrafen (Nr. 4) rechtsmissbräuchlich sein. Problematisch ist aber die Annahme eines Rechtsmissbrauchs, wenn die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht (Nr. 5). Schon im Hinblick darauf, dass die Unterlassungserklärung nur ein Angebot des Abmahners zur Erledigung der Angelegenheit darstellt, kann dies nicht überzeugen, vor allem aber unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung der Unterlassungserklärung im Wege einer weiten Auslegung auch auf kerngleiche Verstöße27. Im Zweifel rechtsmissbräuchlich sind auch Mehrfachabmahnungen, wenn die Verstöße auch zusammen hätten abgemahnt werden können (Nr. 6) und Abmahnungen, die ohne sachlichen Grund künstlich nicht gegen gemeinsam Zuwiderhandelnde gerichtet sind, sondern in zwei oder mehr getrennte Abmahnungen aufgespalten werden (Nr. 7).
- 13 UWG kodifiziert die notwendigen inhaltlichen Bestandteile einer Abmahnung. Wird der Abmahnende den gesetzlich bestimmten Anforderungen an den Inhalt einer Abmahnung nicht gerecht oder wird Kostenersatz verlangt, obwohl dies das Gesetz ausschließt, besteht ein Aufwendungsersatz des Abgemahnten bis hin zu dem Betrag, den der Abmahner selbst geltend macht. Das ist eine scharfe Sanktion, die für sich genommen schon geeignet ist, beim Ausspruch einer Abmahnung lieber vorsichtig zu sein.28
Anders als zuvor wird nicht mehr für jede berechtigte Abmahnung eine Kostenerstattungspflicht ausgelöst. Wenn es sich um Verstöße im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten oder um Verstöße gegen das Datenschutzrecht bei Unternehmen mit i.d.R. weniger als 250 Mitarbeitern handelt, ordnet § 13 Abs. 4 UWG an, dass der Abmahner seinen Anwalt selbst bezahlen muss, obwohl der Abgemahnte gegen geltendes Recht verstoßen hat. Dieses Ergebnis ist durchaus fragwürdig.29
Dieses Ziel verfolgt auch eine Gesetzesinitiative der bayrischen Landesregierung. Nach einem von ihr im Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf30 sollen Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung, das BDSG und sonstige zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung dienenden Regelungen von Wettbewerbern nicht mehr auf Grundlage des Rechtsbruchtatbestands von § 3a UWG verfolgt werden können. Die Frage ist bislang für Wettbewerber umstritten.31 Für Verbraucherverbände hat der EuGH die Aktivlegitimation bereits entschieden.32 Begründet wird der Entwurf insbesondere mit der Möglichkeit der Unionsrechtswidrigkeit.33 Nicht die Regelung des Marktverhaltens, sondern der Schutz informationeller Selbstbestimmung sei primäres Ziel des Datenschutzrechts, wofür bereits ausreichend behördliche Eingriffsbefugnisse und Rechtsbehelfe des Verletzten bestünden.34 Der Bundesrat stellt auch hier auf die Gefahr des Rechtsmissbrauchs bei der Abmahnung datenschutzrechtlicher Verstöße ab und nennt die „Google-Fonts“-Abmahnungen.35 Natürlich darf auch der Schutz der Unternehmen nicht als Begründung fehlen, Abmahnungen seien für sie eine unnötige Belastung.36 Es ist eben schon wieder Wahlkampf. Vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung wird dieser Änderungsvorschlag am UWG wohl vorbeigehen.
- Einschnitte bei der Unterlassungserklärung
Das Ziel der Abmahnung ist nun – wie auch im UrhG37 – ausdrücklich in § 13 Abs. 1 UWG formuliert. Der Abmahnende soll dem Abgemahnten Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Bezeichnenderweise finden sich im Markenrecht, Patentrecht oder Designrecht solche Hinweise nicht. UrhG und UWG scheinen also im besonderen Maße regelungsbedürftig zu sein.
Auch bei der Unterlassungserklärung hat der Gesetzgeber Einschränkungen vorgegeben. Neu sind die Regelungen zu den Anforderungen an die Ermessensausübung für die Festsetzung von Vertragsstrafen in § 13a UWG. § 13a Abs. 1 UWG nennt Umstände, die bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe zu beachten sind. Bezug genommen wird dabei auf § 13 Abs. 1 UWG. Die Regelung kann daher nur auf die Gestaltung der Unterlassungserklärung Auswirkung haben, wenn eine feste Vertragsstrafe vereinbart werden soll. Wegen § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG und der schwerwiegenden Folge der Unwirksamkeit einer Abmahnung sieht man in der Praxis nunmehr häufig auch bei vorformulierten Unterlassungserklärungen eine Vertragsstrafe nach dem neuen Hamburger Brauch. Auch dafür findet sich in § 13 Abs. 5 UWG eine Regelung. Der Abgemahnte kann bei Uneinigkeit über die Höhe einer Einigungsstelle nach § 15 UWG anrufen. Beschränkt ist die Höhe der Vertragsstrafe gemäß § 13a Abs. 3 UWG auf 1.000 €, wenn die Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt, und wenn kumulativ der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Gänzlich ausgeschlossen – und dies ist der schärfste Einschnitt in das bestehende System – ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei der erstmaligen Abmahnung eines Wettbewerbers, wenn es sich um eine erstmalige Abmahnung und um einen Verstoß nach § 13 Abs. 4 UWG handelt, und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Der Gesetzgeber löst sich damit von dem bislang unbestrittenen Dogma, dass die Wiederholungsgefahr außergerichtlich nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann. Das UWG ist mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs anders geworden; damit tun sich die Gerichte38 schwer.
- Einordnung der gesetzgeberischen Aktivitäten
Neben der Abmahnung ist damit auch die Unterlassungserklärung in den Fokus des Gesetzgebers gerückt. Der Gesetzgeber hat offenbar gemerkt, dass nicht die Abmahnung das Problem ist, sondern der Abschluss eines strafbewehrten Unterlassungsvertrags. Das ist im Ansatz zwar richtig, die Praxis zeigt allerdings, dass die neuen Regelungen nicht greifen. Dies liegt wohl im Wesentlichen daran, dass der Impetus des Gesetzgebers ein falscher ist. Es wird ständig versucht, den Missbrauch einzudämmen. Da die europarechtlichen Regelungen verlangen, dass ein effizientes System geschaffen werden muss, um das Lauterkeitsrecht durchzusetzen (Art. 11 UGP-Richtlinie), darf nicht beliebig in das UWG eingegriffen werden. Insbesondere die Einschränkung der Aktivlegitimation und die neuen Kostenregelungen sind herbe Einschnitte für die Durchsetzung des Lauterkeitsrecht, die in der Praxis bereits erhebliche Auswirkungen zeigen.
Richtiger wäre es, die grundsätzliche Frage zu stellen, wie das System von Abmahnung und Unterlassungserklärung so umgesetzt werden kann, dass weder eine Abmahnung noch eine Unterlassungserklärung als so problematisch angesehen werden, dass der Abgemahnte eher ein gerichtliches Urteil und die damit einhergehenden und initial höheren Kosten akzeptiert, als dass er außergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.
- Zweifel beim „neuen Hamburger Brauch“
Um dem Vorwurf einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung vorzugreifen (§ 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG) und die Hürden des § 13a Abs. 3 UWG zu überwinden, setzt die Praxis immer mehr auf die Vereinbarung von strafbewehrten Unterlassungserklärungen nach dem sog. „neuen Hamburger Brauch“. Anstelle einer der Höhe nach bezifferten Vertragsstrafe wird die Bestimmung der Vertragsstrafenhöhe gemäß § 315 Abs. 1 BGB dem billigen Ermessen des Gläubigers überlassen.39 Verstößt der Schuldner gegen die abgegebene Unterlassungserklärung und macht der Gläubiger eine Vertragsstrafe geltend, kann der Schuldner deren Angemessenheit nach § 315 Abs. 3 BGB überprüfen lassen.40
Der BGH hatte bereits entschieden, dass ein weiterer Verstoß trotz einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr in der Regel neu begründet.41 Diese Gefahr kann grundsätzlich – jedenfalls sofern im Rahmen der ersten Unterlassungsvereinbarung die Vertragsstrafe der Höhe nach beziffert wurde – nur durch eine erneute Unterwerfungserklärung mit einer deutlich höheren Strafandrohung als bei der ersten Erklärung beseitigt werden.42 Umstritten war demgegenüber bislang die Frage, ob die vorgenannte Rechtsprechung auch auf strafbewehrte Unterlassungserklärungen nach dem „Hamburger Brauch“ angewendet werden kann, mithin ob zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nach einem Zweitverstoß die Vereinbarung einer Mindestvertragsstrafe erforderlich war.43
Entgegen der in der einschlägigen Literatur überwiegend vertretenen Ansicht44, die die Wiederholungsgefahr nur bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Mindeststrafe entfallen lässt, hat der BGH in seiner Entscheidung „Wegfall der Widerholungsgefahr III“ nunmehr die Ansicht vertreten, dass die für den Wiederholungsfall geforderte höhere Strafbewehrung einem Vertragsstrafenversprechen nachdem „neuen Hamburger Brauch“ von vornherein immanent sei und die Angabe einer Untergrenze daher nicht erforderlich.45 Der infolge eines Zweitverstoßes erneut Abgemahnte, der auf die erste Abmahnung eine Unterlassungserklärungen nach dem „neuen Hamburger Brauch“ abgegeben hat, kann daher durch Abgabe einer zweiten, völlig identischen Erklärung den durch den Zweitverstoß neu begründeten Unterlassungsanspruch ausräumen.
Der BGH hält offensichtlich die wiederholte Abgabe einer inhaltsgleichen Unterlassungserklärung für sinnstiftend. Aus Sicht des Abgemahnten stellt sich die berechtigte Frage, inwieweit hier überhaupt noch zugunsten des Abmahnenden ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Welchen Mehrwert kann dem Gläubiger der Abschluss zwei inhaltsgleicher Unterlassungsvereinbarungen bieten, wenn eine höhere Strafbewehrung einem Vertragsstrafenversprechen nach „neuem Hamburger Brauch“ von vornherein immanent ist und damit bereits auch dem ersten Vertragsstrafenversprechen zwingend innewohnt? Wie kann man der Praxis erklären, dass der Gläubiger berechtigt ist, etwas Identisches zweimal zu verlangen und dass die erste, vom Abgemahnten abgegebene Unterlassungserklärung trotz ihres identischen Wortlauts nicht mehr geeignet ist, die Wiederholungsgefahr auszuräumen?
Erschwerend kommt hinzu, dass für den Wegfall der Wiederholungsgefahr zwar grundsätzlich der Zugang einer einseitig vom Schuldner abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung genügt.46 Lehnt der Gläubiger die Annahme der strafbewehrten Unterlassungserklärung des Schuldners ab und scheitert deswegen der Abschluss eines erneuten Unterlassungsvertrags, entfällt aber nunmehr ab diesem Zeitpunkt die notwendige Abschreckungswirkung durch die drohende Vertragsstrafe, die für den Wegfall der Wiederholungsgefahr erforderlich ist.47 Durch die Ablehnung der Erklärung leben damit die ursprüngliche Wiederholungsgefahr und der Unterlassungsanspruch wieder auf.48 Folge ist, dass bis zur Annahme bzw. Ablehnung der Unterlassungserklärung durch den Abmahner aus Sicht des Abgemahnten ein gewisser Schwebezustand besteht. An seiner früheren Rechtsprechung, wonach allein der Zugang der strafbewehrten Unterlassungserklärung auch im Falle der späteren Ablehnung zum (dauerhaften) Wegfall der Wiederholungsgefahr führte, hält der BGH ausdrücklich nicht mehr fest.49 Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner (wie in dem vom BGH entschiedenen Fall) eine grundsätzlich zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr geeignete Unterlassungserklärung abgegeben hat. Seine Ablehnung muss der Gläubiger nicht rechtfertigen, eines besonderen Grundes bedarf es hierzu nicht. Ob die Wiederholungsgefahr durch die erneute Abgabe einer Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch (endgültig) entfällt, wird damit – trotz der grundsätzlichen Geeignetheit einer solchen Erklärung – dem Gutdünken des Abmahnenden überlassen. Diesem steht es frei, nach Ablehnung der Annahme der Unterlassungserklärung seinen neuen Unterlassungsanspruch gerichtlich einzuklagen. Der Schuldner soll dadurch geschützt werden, dass er sich im Falle der späteren gerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch ein sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO der Kostentragung entziehen kann.50 Tut er dies nicht, so hat er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Schuldner, der eine zweite Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch abgegeben hat und damit aus Sicht des BGH eigentlich das Erforderliche getan hat, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen, ist folglich im Falle der Ablehnung seiner Erklärung und der daran anschließenden gerichtlichen Inanspruchnahme gezwungen, den Anspruch des Gläubigers im Grundsatz als für begründet anzuerkennen. Die Frage, ob denn der Gläubiger überhaupt berechtigt war, die Annahme seiner Unterlassungserklärung abzulehnen, spielt hingegen zulasten des Schuldners keine Rolle.51
Die Tatsache, dass der Gläubiger einerseits die Abgabe einer erneuten identischen strafbewehrten Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch verlangen kann, ihm es jedoch letztlich freisteht, diese abzulehnen, hat im Ergebnis zur Folge, dass das in der Praxis ohnehin als unangemessen empfundene System von Abmahnung und Unterlassungserklärung den betroffenen Unternehmen kaum mehr vermittelbar ist.
- Unterlassungserklärung vs. „andere Umstände“?
Trotz der mit der Entscheidung „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“ einhergehenden Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Wegfall der Wiederholungsgefahr bei Ablehnung der Unterlassungserklärung durch den Gläubiger, könnte es erste Indizien dafür geben, dass sich auch der BGH möglicherweise von dem strengen Dogma löst, dass nur eine strafbewehrte Unterlassungserklärung geeignet ist, die Wiederholungsgefahr außergerichtlich auszuräumen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat der Gesetzgeber sich von dieser Ansicht ausdrücklich gelöst. § 13a Abs. 2 UWG zeigt, dass der Gesetzgeber die strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht mehr als das einzige Mittel sieht, wie ein Unterlassungsanspruch außergerichtlich ausgeräumt werden kann. Es ist daher nur konsequent, wenn auch in der Rechtsprechung darüber nachgedacht wird, die Frage der Wiederholungsgefahr nicht mehr ausschließlich an eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu knüpfen.
Im jüngst entschiedenen Verfahren „Vielfachabmahner II“ 52, in dem es vordergründig um den Einwand des Rechtsmissbrauchs gegen eine Vertragsstrafenvereinbarung ging53, befasste sich der BGH u.a. mit der Frage, ob die Nichtverfolgung von ausgesprochenen Abmahnungen ohne Abgabe einer Unterlassungserklärung ein Indiz für ein rechtsmissbräuchliches Abmahnverhalten darstellen kann. Konkret hatte der dortige Kläger, ein als Verein eingetragener Interessenverband von Online-Unternehmen, eine große Zahl von Abmahnungen ausgesprochen, ohne bei Ausbleiben einer strafbewehrten Unterwerfungserklärung den abgemahnten Wettbewerbsverstoß gerichtlich geltend zu machen. Das OLG Hamm hatte in der Vorinstanz entschieden, dass dieses Verhalten den Schluss zuließ, dass der Kläger seine Abmahntätigkeit hauptsächlich dazu nutzte, Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Vertragsstrafen zu erzeugen.54 Hiergegen hatte der Verein ohne Erfolg den Einwand erhoben, dass in den dortigen Fällen die Wiederholungsgefahr auf andere Weise als durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt worden war, nämlich beispielsweise durch Geschäftsaufgabe, Tod des Inhabers, Wechsel des Inhabers, Unzustellbarkeit, dauerhafte Abschaltung von Webseiten, Wechsel des Warensortiments, Insolvenz, soziale Aspekte, nicht aufklärbare, aber nach Antwort auf die Abmahnung transparent werdende Umstände, zwischenzeitlich in anderen Verfahren geklärte Rechtsfragen und Anerkenntnisse ohne förmliche Unterwerfung bei kompletter Überarbeitung von Webseiten mit anwaltlicher Hilfe.55
Das OLG Hamm wies dies jedoch mit dem Argument zurück, dass die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung oder durch einen rechtskräftigen Unterlassungstitel ausgeräumt werden könne, nicht aber durch rein tatsächliche Veränderungen.56 Der BGH bestätigte diese Ansicht zwar grundsätzlich, betonte aber zugleich, dass es jedenfalls im Zusammenhang mit Frage des Rechtsmissbrauchs auch auf diese Umstände ankomme.
Es bleibt damit bei dem Maßstab, dass die tatsächliche Vermutung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung oder durch einen rechtskräftigen Unterlassungstitel entfallen kann.57 Die Entscheidung „Vielfachabmahner II“ wirft jedoch die Frage auf, ob der BGH sich hier nicht womöglich durch die Hintertür die Möglichkeit offenhält, in Zukunft von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr Abstand zu nehmen. Der Gedanke, dass es für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht ausschließlich auf die Abgabe einer strafbewehrte Unterlassungserklärung ankommen kann, ist vom Gesetzgeber bereits in § 13a Abs. 2 UWG angelegt worden.58
- Unterlassungserklärung vs. Unterlassungsurteil
- Subjektive Erwägungen
Es mag einem subjektiven Gefühl der Autoren entsprechen, dass Vertragsstrafen deutlich häufiger geltend gemacht werden als Ordnungsmittel. Ein empirischer Beweis liegt uns nicht vor. Das Gefühl mag von dem Gedanken geprägt sein, dass der Abmahner von einer Vertragsstrafe unmittelbar „etwas hat“, während das Ordnungsgeld an den Staat zu bezahlen ist. Dies dürfte eigentlich nicht so sein, wenn es dem Abmahner tatsächlich um die Durchsetzung seiner Rechte geht. Der subjektive Beigeschmack bleibt aber. Es sind allerdings keineswegs allein diese subjektiven Empfindungen, die im Vergleich zwischen gerichtlicher Entscheidung und der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung den Rat begründen, es lieber auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen zu lassen.
Dieses Empfinden wird durch eine weitere Tatsache gestützt: Hat ein Unterlassungsschuldner eine der Höhe nach bezifferte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und dagegen verstoßen, so wird er erneut abgemahnt und aufgefordert, eine neue Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe abzugeben. Gibt er nun – durch das erste Vertragsstrafenversprechen gewarnt – keine neue Unterlassungserklärung ab, so hat der Unterlassungsgläubiger die Möglichkeit, einen gerichtlichen Unterlassungstitel zu erwirken. Verstößt der Unterlassungsschuldner erneut gegen seine Unterlassungsverpflichtung, hat der Unterlassungsgläubiger nun zwei Optionen: Er kann aus dem Unterlassungstitel vorgehen und ein Ordnungsmittel beantragen oder auf Basis der strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe fordern. Es ist übliche Praxis, dass eine Vertragsstrafe gefordert wird, möglicherweise mit Verweis auf den zusätzlich bestehenden gerichtlichen Titel sogar eine höhere Vertragsstrafe, als vereinbart. Man fragt sich in solchen Fällen schon, warum der gerichtliche Titel mit der erheblichen Kostenfolge überhaupt erlangt wurde.
- Objektiver Vergleich
Der Unterlassungsvertrag – seit der Entscheidung des BGH „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“59 genügt die Abgabe einer ausreichenden strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht mehr, die Wiederholungsgefahr ist erst mit Vertragsschluss entfallen – ist ein nicht kündbares Dauerschuldverhältnis. Ein Unternehmen hängt folglich die Zeit seiner Existenz an einer einmal abgegebenen Unterlassungserklärung. Im Vergleich dazu ist wegen § 197 Abs. 1 Hs. 1 BGB ein Titel nur 30 Jahre vollstreckbar. Auch dies ist eine lange Zeit, jedenfalls gibt es aber ein festes Enddatum.
Verstößt der Unterlassungsschuldner gegen ein gerichtliches Unterlassungsurteil, kommen, wenn er Dritte zur Verrichtung bestellt hat, die §§ 278, 831 BGB aufgrund des strafähnlichen Charakters eines Ordnungsmittels nicht zum Tragen.60 Erforderlich ist ein Verschulden des Schuldners selbst, etwa in Form eines Organisationsverschuldens.61 Im Rahmen des Unterlassungsvertrag gilt § 278 BGB. Das Verschulden eines Dritten wird dem Unterlassungsschuldner zugerechnet, eine Exkulpationsmöglichkeit besteht nicht.62
Eine gerichtliche Entscheidung ist für den Streitgegenstand abschließend. Verstößt der Unterlassungsschuldner dagegen, kann (immer wieder) ein Ordnungsmittel beantragt werden, einen neuen Unterlassungsanspruch gibt es hingegen nicht mehr.63 Verstößt der Unterlassungsschuldner gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung, entsteht dadurch ein neuer Unterlassungsanspruch, der erneut (kostenpflichtig) abgemahnt werden kann.64 Darüber hinaus kann der Unterlassungsgläubiger eine neue Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe verlangen – sofern er nicht zuvor eine Unterlassungserklärung nach neuem Hamburger Brauch abgegeben hat; in diesem Fall kann nach der Rechtsprechung des BGH „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“ noch einmal eine identische Unterlassungserklärung ohne Mindeststrafe abgegeben werden.65
Schließlich ist wegen § 890 Abs. 1 S. 2 ZPO ein Ordnungsgeld auf einen Betrag i.H.v. 250.000 € gedeckelt.66 Der neue Hamburger Brauch enthält ein nach oben offenes Vertragsstrafenversprechen. Beim Ordnungsgeld ist zudem zu beachten, dass es systembedingt keinen pauschalierten Schadensersatz enthalten kann, sondern allein Sanktionscharakter hat.67 Schon deswegen muss es niedriger ausfallen als eine versprochene Vertragsstrafe.68
- Auswirkungen auf die Praxis und Handlungsbedarf
Die Auswirkungen einer abgegebenen Unterlassungserklärung dürfen in der Praxis nicht unterschätzt werden. Im Rahmen eines Unternehmenskaufs wird z.B. regelmäßig abgefragt, ob Unterlassungserklärungen abgegeben wurden. Diese können für einen Share Deal schnell zum Deal Breaker werden. Denn mit der Rechtsnachfolge tritt der Erwerber – unkündbar! – auch in die Verpflichtungen aus dem Unterlassungsvertrag ein.69 Dieses Risiko möchte ein Käufer natürlich vermeiden. Bei einem Unterlassungstitel ist dies zwar nicht anders70, zumindest ist die Laufzeit aber absehbar und es besteht die Möglichkeit der Exkulpation71; bezeichnenderweise werden im Rahmen einer Due Diligence Unterlassungsurteile eher selten angesprochen. Dies zeigt, welchen Stellenwert eine Unterlassungserklärung im Vergleich zu einem gerichtlichen Urteil hat.
Die Abwägung der künftigen Risiken einer Unterlassungserklärung hat auch für die Geschäftsführung erhebliche Auswirkungen. Sie muss zu dem Ergebnis führen, dass ein Geschäftsführer/Vorstand seine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft verletzt, wenn er der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zustimmt, weil er die Folgen einer abgegebenen Unterlassungserklärung überhaupt nicht abschätzen kann.72 Streng genommen ist das System von Abmahnung und Unterlassungserklärung zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten damit am Ende.
VII. Lösungsansätze de lege ferenda
Wenn man sich dazu Gedanken machen möchte, wie künftig ein System aussehen soll, mit dem außergerichtlich Unterlassungsansprüche durchgesetzt und einvernehmlich beigelegt werden können, müssen stets die europarechtlichen Vorgaben beachtet werden. Artikel 11 der UGP-Richtlinie73 verlangt, dass die Mitgliedstaaten geeignete und wirksame Mittel zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken vorhalten. Die Durchsetzung des Lauterkeitsrechts weiter zu kastrieren, wie dies der Gesetzgeber begonnen hat, ist kein gangbarer Weg. Viel eher muss überlegt werden, wie es gelingt, das System von Abmahnung und Unterlassungserklärung mehr an die Wirkungen einer gerichtlichen Entscheidung heranzuführen. Es muss also wieder attraktiver werden, eine Unterlassungserklärung abzugeben, statt eine gerichtliche Entscheidung in Kauf zu nehmen. Nur so kann das unausgesprochene Ziel erreicht werden, die Justiz zu entlasten.74
- Bisherige Vorschläge
Die bisherigen Vorschläge – die im Wesentlichen den Rechtsmissbrauch im Auge hatten – bezogen sich vornehmlich auf die für die Abmahnung geltend gemachten Kosten und den fliegenden Gerichtsstand.75 Die (kalkulierbaren) Kosten sind aber nicht das eigentliche Problem einer Abmahnung, sondern die abzugebende Unterlassungserklärung, die mit unkalkulierbaren Risiken verbunden ist; der fliegende Gerichtsstand ist spätestens vor dem Hintergrund des § 128a ZPO kein ernstliches Thema mehr. Der sog. „notariellen Unterlassungserklärung“ hat die Rechtsprechung76 eine Absage erteilt, sie war auch wenig praktikabel.77 Weder die Deckelung der Abmahnkosten noch eine erste kostenlose Abmahnung werden der Tatsache gerecht, dass der Abmahnende auf einen rechtswidrigen Missstand hinweist. Es ist weder erträglich, dass er für das Abstellen dieses Missstands seinen Rechtsanwalt bezahlen muss, noch dass ein Rechtsanwalt für die Bearbeitung dieser Spezialmaterie nur einen geringen Betrag erhält. Eher zu überlegen wäre, ob im Falle des Vorliegens eines berechtigten „unclean hands“ Einwands nicht der Anspruch auf Erhalt der Abmahnkosten entfallen sollte (ähnlich § 13 Abs. 5 UWG).78
- Make Unterlassungserklärungen great again
Mit etwas mehr Mut könnte man das System von Abmahnung und Unterlassungserklärung einmal ganz neu denken. Dabei darf es nicht darum gehen, möglichst viel aus dem bestehenden System zu retten, sondern de lege ferenda ein möglichst effizientes System zu schaffen, das kein Akzeptanzproblem mehr hat.
- Eine Abmahnung für einen Streitgegenstand
Der erste Schritt der Angleichung sollte sein, dass es künftig für einen Streitgegenstand nur noch eine Abmahnung gibt. Es entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass bei einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung ein neuer Unterlassungsanspruch entsteht. Diese Rechtsprechung ist mit der Entscheidung des BGH „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“ aber bereits im erheblichen Maße aufgeweicht worden. Wenn es für den neuen Unterlassungsanspruch genügen soll, eine völlig identische neue Unterlassungserklärung abzugeben, sofern die erste einen Vertragsstrafenversprechen nach dem neuen Hamburger Brauch enthält, muss man sich doch die Frage stellen, inwiefern hier noch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine zweite Abmahnung besteht. In keinem anderen Rechtsgebiet kann man etwas Identisches zweimal verlangen. Warum das UWG hier eine Ausnahme bilden soll, erschließt sich nicht. Dies setzt allerdings voraus, dass es künftig nur noch Vertragsstrafenversprechen nach dem neuen Hamburger Brauch geben kann (dazu sogleich).
Dagegen mag man einwenden, dass nur eine zweite Abmahnung den Weg zu den Gerichten eröffnet, nämlich wenn in deren Folge keine Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe abgegeben wird. Mit der soeben genannten neuen BGH-Rechtsprechung ist dies aber mittlerweile inkonsistent, weil der Unterlassungsgläubiger (jedenfalls in den häufigen Fällen des neuen Hamburger Brauchs) sowieso nur Anspruch auf die gleiche Unterlassungserklärung hat, die er bereits in den Händen hält. Eine zweite kostenpflichtige Abmahnung verhilft dem Unterlassungsgläubiger außergerichtlich folglich zu nichts mehr als er schon hat. Es bietet sich daher konsequenterweise eine andere Lösung an: Verstößt der Unterlassungsschuldner gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung nach dem „neuen Hamburger Brauch“, soll der Unterlassungsgläubiger – wie bislang – eine angemessene Vertragsstrafe fordern können. Er soll aber nicht das Recht haben, den Unterlassungsschuldner erneut kostenpflichtig abzumahnen und die Abgabe einer neuen strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verlangen. Verweigert der Unterlassungsschuldner die Zahlung der Vertragsstrafe und erkennt damit implizit den Verstoß nicht an, hat der Unterlassungsgläubiger selbstverständlich die Möglichkeit, eine angemessene Vertragsstrafe gerichtlich geltend zu machen. Zusätzlich – aber nur für den Fall, dass der Unterlassungsschuldner die Zahlung einer Vertragsstrafe verweigert – sollte der Unterlassungsgläubiger dann auch die Möglichkeit haben, einen gerichtlichen Unterlassungstitel herbeizuführen. Erhält er dann den begehrten gerichtlichen Titel, sollte er in der Folge bei einem Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung nur noch aus dem gerichtlichen Titel vorgehen dürfen, folglich keine Vertragsstrafe mehr verlangen können.
Diese Regelung hätte eine Angleichung von Abmahnung und gerichtlichem Titel zur Folge. Sie würde auch sicherstellen, dass der Abgemahnte nur mit den Kosten belastet ist, die wirklich notwendig sind. Schließlich müsste er in Zukunft entweder nur für eine Vertragsstrafe oder nur für ein Ordnungsmittel einstehen und es wären nicht zwei Ansprüche gegen ihn in der Welt; gleichzeitig kann der Unterlassungsgläubiger wählen, welchen der beiden Mittel (Ordnungsmittel oder Vertragsstrafe) er beanspruchen möchte. Es werden aber keine Kosten für ein Gerichtsverfahren erzeugt, das mit einem Urteil endet, von dem nie Gebrauch gemacht wird. Dies dient einerseits der Akzeptanz, andererseits dem Sicherungsinteresse des Unterlassungsgläubigers.
- Vertragsstrafe nach dem neuen Hamburger Brauch
Ein neu gedachtes System sollte nur noch die Vertragsstrafe nach dem neuen Hamburger Brauch kennen. Da auch das Ordnungsgeld auf einen Betrag i.H.v. 250.000 € begrenzt ist, sollte künftig nicht ein Mindestbetrag Gegenstand einer Unterlassungserklärung sein, sondern ein Höchstbetrag („der Unterlassungsschuldner verpflichtet sich zur Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe, die im billigen Ermessen des Unterlassungsgläubigers bestimmt und im Streitfall vom zuständigen Gericht überprüft wird, höchstens jedoch 250.000 € beträgt“). Dadurch ist sichergestellt, dass – mit einer fest definierten Begrenzung – die mögliche Vertragsstrafe nach oben offen ist. Dies bleibt notwendig, um eine neue Abmahnung mit dem Verlangen nach einer höheren Vertragsstrafe überflüssig zu machen. Sollte die maximale Vertragsstrafe bezahlt worden sein, müsste auch hier wieder der Weg zu den Gerichten eröffnet sein, damit bei künftigen Verstößen gegebenenfalls auch eine Ordnungshaft angeordnet werden kann.
Bei der zu bestimmenden Höhe der Vertragsstrafe sollte der Verschuldensgrad eine stärkere Berücksichtigung finden. Trägt der Unterlassungsschuldner Umstände vor, die lediglich eine leichte Fahrlässigkeit erkennen lassen, sollte ähnlich wie derzeit in § 13a Abs. 3 UWG geregelt nur eine geringe Pauschale anfallen. Gleichwohl sollte es dem Unterlassungsgläubiger ermöglicht werden nachzuweisen, dass ihm ein deutlich höherer Schaden entstanden ist. Weist er diesen Schaden nach, wäre dieser zusätzlich zu der Pauschale zu bezahlen.
- Exkulpationsmöglichkeit
Nicht jeder Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung sollte zwingend auch die Zahlung einer Vertragsstrafe zur Folge haben. Ähnlich § 831 BGB sollte für das vertragliche Versprechen der Unterlassung die Möglichkeit eingeräumt werden, sich zu exkulpieren. Es wird dabei nicht verkannt, dass nach der Abgabe einer Unterlassungserklärung besondere Aufmerksamkeit erforderlich ist, um nicht gegen die Unterlassungserklärung zu verstoßen.79 Gleichwohl muss man auf das Unterlassungsversprechen mit Verstand schauen. Wer sich z.B. verpflichtet hat, bei Waren in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis den Grundpreis anzugeben und dies bei tausenden von Produkten vereinbarungsgemäß nachgearbeitet hat und in der Folge ein Verstoß nur bei vereinzelten Produkten auffällt, verstößt offensichtlich nicht gezielt gegen seine Unterlassungsverpflichtung. Er hat seinen Willen, sich rechtskonform zu verhalten, hinreichend dokumentiert. Eine Vertragsstrafe sollte daher nicht anfallen.
Technisch müsste dies allerdings so umgesetzt werden, dass bei einem Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung ein Verschulden stets vermutet wird. Dem Unterlassungsschuldner wird es aber ermöglicht, einen Sachverhalt darzulegen, der eine Vertragsstrafe ausnahmsweise nicht rechtfertigt.
- Laufzeitbegrenzung
Eines der zentralen Probleme der strafbewehrten Unterlassungserklärung ist der Charakter als unkündbares Dauerschuldverhältnis. Viele Lauterkeitsverstöße beruhen eher auf Rechtsunkenntnis als dem Willen, sich vorsätzlich rechtswidrig zu verhalten. Der Erhalt einer Abmahnung schafft häufig überhaupt erst das Bewusstsein, sich rechtswidrig verhalten zu haben. In der Folge ist vielfach festzustellen, dass der Abgemahnte auch ohne Strafsanktion gewillt ist, sich an das geltende Recht zu halten. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob ein unkündbares Dauerschuldverhältnis für die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen wirklich notwendig ist. Aus hiesiger Sicht würde es völlig ausreichen, wenn die Unterlassungserklärung in ihrer Laufzeit beschränkt ist. Ein Anlehnen an die Regelverjährung in § 195 BGB für Ansprüche scheint dabei durchaus angemessen zu sein, sodass eine Laufzeit von drei Jahren ab Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung vertretbar ist. Damit ist für den Unterlassungsschuldner die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht mit einem unendlichen Risiko verbunden, sie bietet ihm gegenüber einem gerichtlichen Urteil sogar Vorteile. Der Unterlassungsgläubiger erhält für drei Jahre eine vertragliche Sanktionsmöglichkeit. Sollte der Unterlassungsschuldner nach Ablauf der Laufzeit der Unterlassungsverpflichtung das gerügte Verhalten erneut an den Tag legen, steht es dem Unterlassungsgläubiger selbstverständlich frei, den Unterlassungsschuldner erneut kostenpflichtig abzumahnen und die Abgabe einer neuen strafbewehrten Unterlassungserklärung zu verlangen. Aus hiesiger Sicht sind damit die Interessen aller Beteiligter hinreichend gewahrt.
- Wegfall der Wiederholungsgefahr mit Zugang
Die Wiederholungsgefahr sollte unmittelbar mit dem Zugang einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beim Unterlassungsschuldner ausgeräumt sein, wenn diese den geltend gemachten Verstoß hinreichend umfasst. Diese Überlegung schließt daran an, dass die Höhe der Vertragsstrafe durch den neuen Hamburger Brauch bestimmt wird und sich der Umfang der Unterlassungsverpflichtung auch auf kerngleiche Rechtshandlungen erstreckt. Sofern also die berechtigt gerügten Verhaltensweisen von der Unterlassungserklärung umfasst werden, gibt es keinen Grund, den Weg zu den Gerichten zu eröffnen. Im Ergebnis würde dies eine Rückkehr zur früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung bedeuten.80
- Streichung der Beschränkungen
Wenn man den vorgenannten Erwägungen folgen möchte, muss dies aber eine Konsequenz haben: Die Beschränkungen für die Aktivlegitimation in § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG müssen wieder aufgehoben werden. Gleiches gilt für die Beschränkung in § 13 Abs. 4 UWG und insgesamt für § 13a UWG. Ungeachtet der Frage, ob sie Art. 11 der GP-Richtlinie überhaupt noch gerecht werden, würden die Möglichkeiten des Missbrauchs, der mit diesen Tatbeständen erfasst werden sollte, durch die oben genannten Modifikationen deutlich geringer werden. Es bedarf daher keiner einschränkenden Regelungen mehr für die Durchsetzung der Ansprüche nach dem UWG.
VIII. Fazit
Das aktuell geltende System von Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung ist nicht mehr zeitgemäß; dies zeigen die Praxis und die gesetzlichen Neuregelungen im UWG. Die bisherigen Versuche des Gesetzgebers, die Wirkungen des Lauterkeitsrechts weniger scharf zu gestalten, greifen dabei in die selbstregulierende, außergerichtliche Durchsetzung des lauteren Wettbewerbs durch Mitbewerber (viel) zu massiv ein. Sie zeigen jedoch, dass sich etwas ändern muss.
Die Entwicklungen im Recht der Abmahnung in der Praxis und in der Rechtsprechung haben dazu beigetragen, dass die Akzeptanz verloren gegangen ist. Abmahnungen werden mit Missbrauch gleichgesetzt; strafbewehrte Unterlassungserklärungen vermieden. Das ist schade, denn der Weg, Streitigkeiten außergerichtlich auf diesem Weg zu lösen, ist effizient.
Ziel des Gesetzgebers sollte es daher sein, das außergerichtliche System von Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung Wettbewerbern wieder näher zu bringen. Dies kann gelingen, indem die strafbewehrte Unterlassungserklärung an die Wirkungen einer gerichtlichen Entscheidung angeglichen wird. Erforderlich ist dafür allerdings ein grundsätzliches Umdenken im Lauterkeitsrecht. Einfach ist das sicher nicht – aber notwendig.
*Die Autoren danken cand. iur. Luca Maria Holst für ihre tatkräftige Unterstützung!
[1] BGH, 13.11.2013 – I ZR 77/12, WRP 2014, 587, Rn. 16 - Vertragsstrafenklausel; Hoffmann, GRUR 2021, 1029, 1032.
2 Erwähnung der Wiederholungsgefahr z.B. in BGH, 16.5.1961 – I ZR 175/58, GRUR 1962, 34, 35 – Unterlassungsanspruch und Wahrnehmung berechtigter Interessen; erstmalig im Zusammenhang mit Unterlassungserklärungen BGH, 9.11.1995 – I ZR 212/93, WRP 1996, 199 – Wegfall der Wiederholungsgefahr; BGH, 16.11.1995 – I ZR 229/93, WRP 1996, 284 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II.
3 z. B. rückläufige Tendenz von Abmahnungen im urheberrechtlichen Bereich gem. BT-Drucks. 19/3644, S. 2.
4 Vgl. BGH, 14.10.1977 – I ZR 119/76, WRP 1978, 38 f. – Vertragsstrafe bis zu ...; BGH, 27.10.2022 – I ZR 141/21, WRP 2023, 71 ff - Vertragsstrafenverjährung; BGH, 13.11.2013 – I ZR 77/12, WRP 2014, 587 ff - Vertragsstrafenklausel; BGH, 17.9.2009 – I ZR 217/07, WRP 2010, 649 ff - Testfundstelle; OLG Nürnberg, 9.5.2023 – 3 U 3524/22, WRP 2023, 1009 ff; LG Frankfurt, 31.3.2023 – 3-10 O 64/22, GRUR-RS 2023, 30618
5 Meinhardt, WRP 2020, 150, 158.
6 Richtigerweise dürfte es einen solchen im Verhältnis Abmahner zu Abgemahntem gar nicht geben: Buchmann/Stillner, WRP 2021, 1392 ff.
7 Vgl. z.B. das Verbändepapier gegen Abmahnmissbrauch „Private Rechtsdurchsetzung stärken – Abmahnmissbrauch bekämpfen“, 2017, abrufbar unter: https://www.ihk.de/blueprint/servlet/resource/blob/3768328/3a6bf52ee52b0c3187fbf9b0021436f9/verbaendepapier-gegen-abmahnmissbrauch-data.pdf.
8 Vom 26.11.2020 – BGBl. 2020 Teil I, S. 2568.
9 BGH, 7.3.2024 – I ZR 83/23, WRP 2024, 701 ff – Vielfachabmahner II.
10 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
11 Kritisch dazu Oppermann/Müller, GRUR 2005, 280 ff.
12 BGH, 24.9.2020 - I ZR 169/17, WRP 2021, 192 ff – Verfügbare Telefonnummer.
13 EuGH, 14.5.2020 – C-266/19, WRP 2020, 843 ff.
14 EuGH, 14.5.2020 – C-266/19, WRP 2020, 843 ff.
15 BGH, 24.09.2020 - I ZR 169/17, WRP 2021, 192 ff – Verfügbare Telefonnummer.
16 BGH, 24.09.2020 – I ZR 169/17, Rn. 36, WRP 2021, 192 ff – Verfügbare Telefonnummer .
17 LG Baden-Baden, 8.5.2024 – 2 O 325/23; LG Detmold,13.3.2024 – 1 O 207/23, n.v.; LG München I, 5.3.2024 – 31 O 10361/23 (juris); LG Frankfurt, 28.2.2024 – 2-28 O 655/23, n.v.; LG Arnsberg, 22.2.2024 – 4 O 273/23, MMR 2024, 804 ff; LG Stuttgart, 2.2.2024 – 48 O 163/23 (juris); LG Hildesheim, 31.1.2024 – 3 O 303/23 (juris); LG Paderborn, 31.1.2024 – 4 O 279/23 (juris); LG Berlin II, 22.1.2024 – 88 O 275/23, BeckRS 2024, 3480; LG Berlin II, 19.1.2024 – 40 O 22/23, BeckRS 2024, 3483; LG Bückeburg, 16.1.2024 – 2 O 121/23 (juris); LG Heidelberg, 22.12.2023 – 3 O 159/23 (juris); LG Münster, 14.9.2023 – 2 O 101/23 (juris).
18 EuGH, 14.5.2020 – C-266/19, WRP 2020, 843 ff.
19 BGH, 24.9.2020 - I ZR 169/17, WRP 2021, 192 ff – Verfügbare Telefonnummer.
20 Mörsdorf, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, Stand: 1.4.2024, BGB § 356 Rn. 23.
21 Verbändepapier gegen Abmahnmissbrauch „Private Rechtsdurchsetzung stärken – Abmahnmissbrauch bekämpfen“, 2017, abrufbar unter: https://www.ihk.de/blueprint/servlet/resource/blob/3768328/3a6bf52ee52b0c3187fbf9b0021436f9/verbaendepapier-gegen-abmahnmissbrauch-data.pdf.
22 Gesetzesentwurf v. 31.7.2019, BT-Drucks. 19/12084, S. 1.
23 Vgl. zur Aktivlegitimation der Wettbewerber auch Hohlweck, WRP 2020, 266, 267, Rn.9 ff.; Eickenmeier/Brodersen, BB 2019, 1859, 1860; Köhler, WRP 2019, 1550, 1554, Rn. 43 ff.
24 Begründung Reg-E, BT-Drucks. 19/12084, S. 26.
25 OLG Brandenburg, 26.6.2012 - 6 U 34/11, WRP 2012, 1123 ff; OLG Jena, 16.12.2004 - 2 W 630/04, OLG-NL 2005, 44 f; OLG Koblenz, 23.2.2011 - 9 W 698/10, WRP 2011, 506 f; OLG Oldenburg, 6.6.1995 - 1 W 45/95, WRP 1995, 878 f; OLG Oldenburg, 21.1.1993 - 1 U 136/92, WRP 1993, 351; OLG Saarbrücken, 22.7.2002 - 1 W 154/02, BeckRS 2002, 30274024; OLG Saarbrücken v. 19.7.1995 - 1 W 228/95, WRP 1996, 145 ff; OLG Schleswig v. 27.5.2008 - 6 W 9/08, SchlHA 2008, 284.
26 BGH, 22.01.2015 - I ZR 95/14, WRP 2015, 454 – „KONDOME – Made in Germany”.
27 BVerfG, 4.12.2006 – 1 BvR 1200/04, GRUR 2007, 618 ff; vgl. auch BGH, 3.4.2014 – I ZB 42/11, WRP 2014, 719, Rn. 11 – Reichweite des Unterlassungsgebots.
28 Buchmann/Panfili, K&R 2021, 21, 22.
29 Buchmann/Stillner, WRP 2021, 1392, 1399.
30 BT-Drucks. 20/11879.
31 Gegen eine Aktivlegitimation u.a. LG Bochum, 7.8.2018 – I-12 O 85/18, K&R 2018, 737; LG Stuttgart, 20.5.2019 – 35 O 68/18, WRP 2019, 1089; dafür OLG Hamburg, 25.10.2018 – 3 U 66/17, K&R 2019, 52; Wolff, ZD 2019, 248 ff; Schreiber, GRUR-Prax 2018, 371 ff.
32 EuGH, 28.4.2022 – C-319/20, WRP 2022, 684 ff.
33 BR-Drucks. 184/24, S. 2.
34 BR-Drucks. 184/24, Anlage, S. 3.
35 BR-Drucks. 184/24, Anlage, S. 4.
36 BR-Drucks. 184/24, S. 2.
37 § 97a UrhG wurde im Übrigen ebenfalls eingeführt, um Rechtsmissbrauch entgegenzuwirken.
38 OLG Schleswig, 3.5.2021 – 6 W 5/21, WRP 2021, 950 ff; OLG Nürnberg, 9.5.2023 – 3 U 3524/22, WRP 2023, 1009 f.
39 BGH, 30.09.1993 - I ZR 54/91, WRP 1994, 37 ff. - Vertragsstrafebemessung.
40 Scholz, in: Fritzsche/Münker/Stollwerck, BeckOK UWG, 25. Ed. 1.7.2024, UWG § 13a Rn. 25.
41 BGH, 12.07.1995 I ZR 176/93, WRP 1995, 820 ff – Kurze Verjährungsfrist; BGH, 23.10.1997 - I ZR 98/95, WRP 1998, 294 ff. – GS-Zeichen.
42 BGH, 7.12.1989 - I ZR 237/87, MDR 1990, 699 – „Abruf-Coupon“.
43 Bejahend OLG Köln, 5.12.2014 – 6 U 57/14, WRP 2015, 387 ff.
44 vgl. Ottofülling, in: Heermann/Schlingloff, Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl. 2022, § 13a Rn. 14; Fritzsche, in: Heermann/Schlingloff, Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, aaO § 8 Rn. 98; Spieker, in: Fuhlrott/Hiéramente, BeckOK GeschGehG, 20. Ed. 15.6.2024, § 6 Rn. 22.
45 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21 – Wegfall der Wiederholungsgefahr III; in diese Richtung auch Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021 § 13a, Rn. 15.
46 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
47 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
48 Haertel/Fritzsche, in: Fritzsche/Münker/Stollwerck, BeckOK UWG, 25. Ed. 1.7.2024, UWG § 8, Rn. 60.
49 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
50 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
51 Dazu auch Lerach, WRP 2023, 268 ff; Büscher, GRUR 2024, 875 Rn. 31.
52 BGH, 7.3.2024 – I ZR 83/23, WRP 2024, 701 ff. – Vielfachabmahner II.
53 Zum Einwand des Rechtsmissbrauchs gegen den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten bei Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung vgl. BGH, 27.1.2022 - I ZR 7/21, WRP 2022, 597 ff. – Selbständiger Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten; Ausführlich Buchmann/Panfili, WRP 2022, 1074 ff. und die Kritik dazu von Lampmann, WRP 2023, 147 ff.
54 OLG Hamm, 30.5.2023 – 4 U 78/22, WRP 2023, 998 ff.
55 OLG Hamm, 30.5.2023 – 4 U 78/22, WRP 2023, 998 ff.
56 OLG Hamm, 30.5.2023 – 4 U 78/22, WRP 2023, 998 ff.
57 BGH, 7.3.2024 – I ZR 83/23, WRP 2024, 701 ff. – Vielfachabmahner II.
58 Buchmann/Panfili, K&R 2021, 21, 24; a.A. Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 13a, Rn. 19a.
59 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
60 OLG Schleswig, 28.9.2000 – 6 W 22/00 (juris); Timmann, in: MAH GewRS, § 5 Wettbewerbsprozess – Gerichtliches Verfahren Rn. 178; Vgl. auch Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Auflage 2024 § 13 Rn. 159.
61 OLG Schleswig, 28.9.2000 – 6 W 22/00 (juris).
62 Fritzsche, in: Heermann/Schlingloff, Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl. 2022, UWG § 8, Rn. 297; BGH, 30.4.1987 - I ZR 8/85.
63 Russlies, Die Abmahnung im gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl. 2021, Rn. 24.
64 St. Rspr., vgl. BGH, 12.7.1995 – I ZR 176/93, WRP 1995, 820 ff. – Kurze Verjährungsfrist; BGH, 23.10.1997 – I ZR 98/95, WRP 1998, 294 ff – GS-Zeichen; BGH, 18.5.2006 – I ZR 32/03, WRP 2006, 1139 f. - Vertragsstrafevereinbarung; OLG Köln, 12.10.2018 – 6 U 34/18, WRP 2019, 123 ff.
65 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
66 Als schwereres Ordnungsmittel kommt dann natürlich noch die Ordnungshaft in Betracht.
67 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
68 BGH, 1.12.2022 – I ZR 144/21, WRP 2023, 184 ff. – Wegfall der Wiederholungsgefahr III.
69 LG Köln, 26.9.2022 – 14 O 225/21, K & R 2022, 863 ff., Rn. 26; Dornis/Förster, GRUR 2006, 195, 198.
70 Vgl. § 325 Abs. 1 ZPO, demzufolge ein rechtskräftiges Urteil u.a. gegen die Personen wirkt, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind.
71 BGH, 25.4.2012 – I ZR 105/10, WRP 2012, 1517 ff. – DAS GROSSE RÄTSELHEFT; OLG Frankfurt, 15.7.2021 – 6 W 40/21, WRP 2021, 1340 ff; Ottofülling, in: Heermann/Schlingloff, Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl. 2022, § 13, Rn. 84.
72 § 43 Abs. 1 GmbHG.
73 Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern.
74 Zur Anerkennung der Justizentlastung als Ziel auch Anm. Jordans zu LG Stuttgart, 6.11.2023 – 53 O 161/23, BKR 2024, 439, 440; Paschke, in: Heckmann/Paschke, jurisPK-Internetrecht, 8. Aufl. 2024, Kap. 4.3, Rn. 949.
75 Krbetschek/Schlingloff, WRP 2014, 1, 7; Fritzsche, WRP 2018, 1277, 1282; Kefferpütz, GRUR-Prax 2018, 541 (542); Zöller, WRP 1994, 156, 165; zum fliegenden Gerichtsstand HDE, WRP 2014, 1430, 1434; Fries/Podszun/Windau, RDi 2020, 49.
76 BGH, 21.4.2016 - I ZR 100/15, WRP 2016, 1494 ff. – Notarielle Unterlassungserklärung; BGH, 7.6.2018 – I ZB 117/17, WRP 2018, 1066 f. – Ordnungsmittelandrohung durch Schuldner.
77 So auch Teplitzky, WRP 2015, 527 ff.
78 Buchmann, MMR 2008, XXII, XXIII.
79 Vgl. OLG Düsseldorf, 23.10.1996 - 11 U 19/96, WRP 1997, 93 ff. zu den Hinweis- und Unterrichtungspflichten des Unterlassungsschuldners nach Übernahme einer Unterlassungsverpflichtung.
80 BGH, 12.7.1984 – I ZR 123/82, WRP 1985, 22 ff. – Vertragsstrafe bis zu ...; BGH, 31.5.1990 – I ZR 285/88, WRP 1991, 27 ff. – Vertragsstrafe ohne Obergrenze; BGH, 18.5.2006 – I ZR 32/03, WRP 2006, 1139 ff. - Vertragsstrafevereinbarung; BGH, 13.11.2013 – I ZR 77/12, WRP 2014, 587 ff. – Vertragsstrafenklausel.