Der EuGH hat in der Rechtssache C-330/23 heute am 26.9.2024 ein wegweisendes Urteil gefällt, das der Lebensmittelbranche nicht schmecken wird.
Was war passiert?
Nach § 11 PAngV muss gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, der innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung gegenüber dem Verbraucher angewendet wurde.
Lebensmittelunternehmen waren jedoch verstärkt zu übergegangen, weiterhin prominent mit gestrichenen Preisen zu werben, die kurzfristig heraufgesetzt worden waren, und den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage in einer Fußnote zu „verstecken“. Garniert werden solche Angebote dann häufig mit werblichen Anweisungen wie „Preis-Highlight“.
Die von uns vertretene Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sieht dies als Wettbewerbsverstoß wegen Umgehung der gesetzlichen Vorgaben an, so dass der Fall als Unterlassungsklageprozess, geführt von Benjamin Stillner, vor dem Landgericht Düsseldorf landete (Az.: 38 O 182/22).
Das LG Düsseldorf folgte unserer Rechtsauffassung nicht, und auch bspw. das LG Nürnberg-Fürth hält die Auffassung der Verbraucherzentrale für zu streng. Erfreulicherweise erkannte das LG Düsseldorf aber die Notwendigkeit, schnell für Rechtsklarheit zu sorgen, und legte dem EuGH die Sache zur Klärung der Vereinbarkeit mit europäischem Recht (Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL) in Form von zwei Vorlagefragen vor, nämlich:
„1. Ist Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL dahin auszulegen, dass ein Prozentsatz, der in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung genannt wird, ausschließlich auf den vorherigen Preis im Sinne von Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL bezogen sein darf?“
sowie
„2. Ist Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL dahin auszulegen, dass werbliche Hervorhebungen, mit denen die Preisgünstigkeit eines Angebots unterstrichen werden soll (wie beispielsweise die Bezeichnung des Preises als „Preis-Highlight“), dann, wenn sie in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung verwendet werden, auf den vorherigen Preis im Sinne von Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL bezogen sein müssen?“
Erfreulicherweise hat der EuGH unsere Rechtsauffassung bestätigt, nachdem bereits die Europäische Kommission sowie sämtliche Mitgliedstaaten, die eine Stellungnahme abgegeben hatten, ausnahmslos dafür plädiert hatten, die Vorlagefragen zugunsten der Verbraucher zu bejahen. Auch nach Auffassung des EuGH ist Art. 6a PeisangabengRL dahin auszulegen, dass eine Preisermäßigung für ein Erzeugnis, die von einem Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage, mit der die Vorteilhaftigkeit des angegebenen Preises hervorgehoben werden soll, bekanntgegeben wird, auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage zu bestimmen ist.
Ausblick
Konkret bedeutet dieses Urteil nun für die Praxis, dass die sich in den letzten Monaten eingeschlichene „Preisschaukelei“, indem kurzfristig Preise angehoben werden, um dann in Form von Streichpreisen einen attraktiven Rabatt vorzutäuschen, bald ein Ende haben wird. Die Werbung mit Preisreduzierungen (etwa „- xx%“) muss sich mit Blick auf das vom EuGH betonte „hohe Verbraucherschutz“ streng am niedrigsten Preis der letzten 30 Tage orientieren. Nur so hat der Verbraucher die Möglichkeit, die Preiswürdigkeit eines Angebots verlässlich einzuschätzen. Das ist zu begrüßen, nachdem sich die Inflation vor allem am wöchentlichen Lebensmitteleinkauf bemerkbar macht. Der EuGH hat heute die Rechte von Verbrauchern extrem gestärkt. Die Lebensmittelbranche wird wiederum gezwungen sein, ihre Werbepraxis umzustellen.
Werbung in eigener Sache: Zu dieser Thematik habe ich vor fast genau einem Jahr einen Aufsatz in der WRP geschrieben, den Sie hier finden.